Stuttgart/Mainz. Die AfD muss draußen bleiben, weil Regierungspolitiker sonst nicht kommen: TV-Duelle in ARD-Anstalten lösen vorab Diskussionen aus.

Die TV-Elefantenrunden der Spitzenkandidaten bei den anstehenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt finden ohne die Alternative für Deutschland (AfD) statt. Nach Boykottandrohungen durch SPD und Grüne im Südwesten gab der SWR bekannt, das Konzept für die Wahlberichterstattung sei „neu justiert“ worden. Auch der MDR verkündete den Schritt. Die Wellen um diese Entscheidungen schlagen hoch.

Die Mainzer Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und ihr Stuttgarter Amtskollege Winfried Kretschmann (Grüne) hatten zuvor erklärt, sie würden nicht an der Runde teilnehmen, wenn Vertreter der AfD anwesend sind. Auch der baden-württembergische SPD-Spitzenkandidat Nils Schmid hatte einen Boykott für diesen Fall angekündigt. Die rheinland-pfälzische SPD verteidigte ihre Haltung damit, Talkshows hätten die rechtspopulistische Partei erst stark gemacht. Die AfD sei mindestens teilweise ins rechtsextreme Spektrum abgeglitten. In beiden Bundesländern ist das Abschneiden der AfD entscheidend für die Fortsetzung oder Abwahl der bisherigen Landesregierungen.

SWR-Intendant gibt sich alternativlos

SWR-Intendant Peter Boudgoust erklärte, man habe mit „zusammengebissenen Zähnen“ zur Kenntnis genommen, dass die Spitzenkandidaten der Regierungsparteien eine Teilnahme bei einer AfD-Beteiligung abgesagt hätten. Intern war offenbar überlegt worden, dann das Fernbleiben in Kauf zu nehmen. Doch, so Boudgoust: „Leere Stühle sind kein Informationsangebot.“ Er wies auch den Vorwurf zurück, es handele sich um Erpressung: „Eine Erpressung ist nur möglich, wenn man verschiedene Möglichkeiten hat, die haben wir aber nicht.“

Genau diesen Vorwurf und den einer mangelnden Staatsferne machen nun Kritiker. „Bei Anruf Programmänderung gibt es offenbar nicht nur in Putins Russland, sondern auch in Dreyers Rheinland-Pfalz“, sagte der rheinland-pfälzische FDP-Landeschef Volker Wissing. Ministerpräsidentin Dreyer wies dagegen zurück, „dass es auch nur annähernd etwas gab wie politischen Druck oder Manipulation. Die Entscheidung ist eine Entscheidung des SWR.“

CDU in Mainz prüft Boykott

Der baden-württembergische CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf sagte, er wäre auch zu einer Runde mit AfD-Beteiligung gekommen: „Man darf nicht den Eindruck erwecken, dass man dem nicht gewachsen wäre.“ Auch die rheinland-pfälzische Spitzenkandidatin Julia Klöckner hatte ihre Teilnahme nicht in Frage gestellt. Jetzt prüft die Landes-CDU allerdings nach eigenen Angaben ihrerseits einen Boykott der Sendung.

Der SWR will mit den Spitzenkandidaten von AfD, Linken und rheinland-pfälzischer FDP, die Umfragen zufolge Chancen auf einen Einzug in die Parlamente haben, separate Einzelinterviews führen und im Anschluss an die Diskussionsrunde senden. Bei den Landtagswahlen 2011 hatten in Rheinland-Pfalz die Grünen und die Linke an der Spitzenrunde teilnehmen dürfen, obwohl sie damals nicht im Landtag vertreten waren.

Der MDR will seine Diskussion zu Sachsen-Anhalt mit CDU, Linke, SPD und Grünen am 7. März ausstrahlen. Es gebe für die Berichterstattung ein Gesamtkonzept, in dem alle Parteien nach einem „Prinzip der abgestuften Chancengleichheit“ berücksichtigt seien.

AfD denkt an rechtliche Schritte

AfD-Co-Parteichef Jörg Meuthen – Spitzenkandidat in Baden-Württemberg – sprach von einem „teilweise geglückten Erpressungsversuch“ durch Ministerpräsident Kretschmann (Grüne) und Wirtschaftsminister Schmid (SPD). Die AfD Rheinland-Pfalz rief ihre Anhänger über ihre Facebook-Seite auf, Beschwerdebriefe an den SWR zu senden. Spitzenkandidat Uwe Junge kündigte an, rechtliche Schritte zu prüfen.

Die AfD ist bereits in fünf Landtagen vertreten und profitiert derzeit von der Flüchtlingskrise. Sie hat daher sehr gute Chancen, im März auch in die Parlamente in Stuttgart, Mainz und Magdeburg einzuziehen. Jüngste Umfragen sehen die AfD in Rheinland-Pfalz bei acht, in Baden-Württemberg bei zehn und in Sachsen-Anhalt bei 15 Prozent.

Viele Beobachter waren der Ansicht, dass Auseinandersetzungen im TV den AfD-Politikern eher geschadet als genutzt hätten. (epd/rtr/law)