Berlin. Was für ein flammendes Statement: Die muslimische Bundeswehr-Soldatin Nariman Reinke appelliert auf Facebook an die Willkommenskultur.

Die Debatte um Angela Merkels Flüchtlingspolitik ist seit der Silvesternacht von Köln neu entbrannt. Immer mehr Menschen in Deutschland, laut aktuellen Umfragen erstmals sogar mehr als die Hälfte der Deutschen, sehen in der Tatsache, dass an den massenhaften Übergriffen in der Domstadt auch Asylbewerber beteiligt waren, den Beweis dafür, dass der Kurs der Bundesregierung ein falscher ist. Da dürfte der Facebook-Post von Nariman Reinke der Kanzlerin richtig gut tun. Auf Facebook hat die muslimische Bundeswehr-Soldatin mit marokkanischen Wurzeln einen flammenden Appell an die Willkommenskultur gehalten. Das wohl bewegendste Statement dieser Art in der neu angeheizten Debatte.

„Wenn ich höre, dass manche der Verbrecher von Köln aus Marokko kommen sollen, wird mir schlecht. Dafür gibt es weder eine marokko- noch islamspezifische Entschuldigung oder Erklärung“, leitet die 36-Jährige in dem Post ein, der auf der Seite des Vereins „Deutscher.Soldat“ am Donnerstagvormittag online ging. „Mir wird aber auch schlecht, wenn ich nun ständig für Marokkaner oder – mal wieder – Muslime allgemein sprechen soll.“

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München als „Feierstunde der Verfassung“

Vehement stellt sich Reinke der Meinung entgegen, Muslime neigten eher dazu, Taten wie die von Köln zu tolerieren als Angehörige anderer Religionen: „Ich bin in Hannover geboren und nicht in Marrakesch oder Casablanca. Hier nochmal für alle: Nein, ich kann es trotz meines Migrationshintergrundes und meiner Religion nicht nachvollziehen, wenn Frauen vergewaltigt werden – egal von wem. Die Annahme, dass ich es könnte, ist ein Abgrund menschlicher Dummheit. Die Selbstverständlichkeit, dass man anderen Menschen kein Leid zufügt, ist übrigens universell und auch im Ausland bekannt.“

Besonders stolz sei sie als Deutsche gewesen, als Flüchtlinge in München mit Beifall begrüßt wurden; das sei eine „Feierstunde unserer Verfassung“ gewesen. „Auch das „Wir schaffen das“ der Kanzlerin finde ich gut und richtig“, schreibt sie weiter. Deutschland dürfe von diesem Kurs nicht abweichen, auch die Silvesternacht liefere dafür keine Argumente: „Alles hinzuschmeißen, weil ein Tausendstel der Flüchtlinge kriminell geworden ist, würde unser Wertesystem als Heuchelei entlarven.“ Zugleich müsse man die Straftäter „ihrem rechtmäßigen Schicksal zuführen“ und „konsequent handeln“.

Die Geschichte ihrer eigenen Familie nutzt sie schließlich, um für die Arbeit an der Integration der Flüchtlinge zu sprechen: „Meine Geschwister arbeiten als Tanzlehrer, Restaurantfachfrau und Rechtsanwaltfachangestellte und ich, ich bin deutsche Soldatin. Auch viele Flüchtlinge werden in Deutschland bleiben und Kinder haben. Sorgen wir gemeinsam dafür, dass auch sie eine deutsche Heimat haben, in die sie sich einbringen und auf die sie stolz sein können.“

Seit Donnerstag wurde der Post auf Facebook über 13.000 Mal geliket und über 6000 geteilt (Stand Freitagabend) – obwohl der Seite „Deutscher.Soldat e. V.“ nur 3000 folgen. Geschmacklose Witze auf ihre Kosten in den Sozialen Medien seien der Anlass für das Posting gewesen, sagte Reinke der „Süddeutschen Zeitung“. „Seit immer mehr Flüchtlinge nach Deutschland kommen und das Thema so präsent ist, musste ich einige Freunde aussortieren“, sagt sie in dem Interview. Trotz aller Enttäuschung sei sie aber nach wie vor davon überzeigt, dass Integration gelingen kann: „Es gibt die gut Integrierten. Nehmen sie meine Eltern und mich. Ich bin deutsche Soldatin, mehr Integration geht doch gar nicht. Ich stehe für dieses Land ein.“ (ba)