Berlin. Beide Eltern wollen arbeiten, beide wollen aber auch das Kind hüten: So wünscht sich die junge Elterngeneration das Familienleben.

Sie wollen Kinder – und sie wollen viel Zeit für diese Kinder haben: Die kommende Elterngeneration will sich nicht zwischen Job und Familie aufreiben oder die Kinder von morgens bis abends in Kitas und Schulen abgeben – doch die jungen Deutschen rechnen damit, dass es genauso kommt: Fast die Hälfte glaubt, dass in 20 Jahren die meisten Eltern voll berufstätig sein werden und die Kinder weitgehend in Kitas und Schulen erziehen und betreuen lassen.

Wie stellen sie sich ihr Familienleben vor? Wie sieht Familie in 20 Jahren aus? Im November hatten die Meinungsforscher von Forsa im Auftrag der Zeitschrift „Eltern“ über 1000 junge Erwachsene zwischen 18 und 30 Jahren befragt. Neun von zehn hatten noch keine Kinder. Aber klare Vorstellungen davon, wie ihr Familienleben aussehen soll: Die meisten wollen, dass beide Eltern arbeiten, sich aber auch beide um die Kinder kümmern. Wie die Aufgaben im Einzelnen verteilt werden - das wollen sie allein entscheiden und nicht diktiert bekommen. Traditionelle Alleinverdiener-Modelle lehnen die meisten ab – aber auch nur acht Prozent finden ein Modell gut, bei dem Väter und Mütter voll berufstätig sind und die Kinder überwiegend außer Haus betreut werden. Immerhin 46 Prozent schätzen jedoch, dass sich dieses Modell in 20 Jahren durchsetzen wird. Vor allem Menschen mit kleinem und mittleren Einkommen vermuten, dass beide Eltern voll berufstätig sein werden müssen. Denn sie wissen genau: Partnerschaftliche Modelle mit zwei Eltern in Teilzeit funktionieren nur dann, wenn Löhne und Gehälter das zulassen.

Neun von zehn wollen Kinder

Dennoch bleiben die jungen Deutschen optimistisch: Liebe, Geborgenheit, Vertrauen – das fällt den jungen Erwachsenen als erstes ein, wenn sie an Familie denken. Fast neun von zehn wünschen sich Kinder – die allermeisten träumen von einer klassischen Kernfamilie mit Vater, Mutter und Kindern. Immerhin jeder Fünfte wünscht sich sogar ein Leben in der Großfamilie – mit drei Generationen unter einem Dach.

Doch die jungen Erwachsenen sind nicht weltfremd: Sie sehen, dass die Zahl der traditionellen Familien schrumpft – und erleben, dass Familie im Alltag heute längst viel bunter und komplizierter ist. Und sie ahnen, dass der Trend sich eher noch verstärkt: Die Mehrheit der jungen Deutschen erwartet, dass es in 20 Jahren immer mehr Patchwork-Familien, Alleinerziehende und gleichgeschlechtliche Eltern gibt – und dass klassische Familienformen an Bedeutung verlieren.

Stabile Partnerschaft das Wichtigste

Die jungen Deutschen träumen von einem Bilderbuchleben mit einer Bullerbü-Familie – haben gleichzeitig aber einen sehr realistischen Blick auf das Leben von Müttern und Vätern im 21. Jahrhundert: Kinder um jeden Preis? Das passt nicht zu dieser pragmatischen Generation. Ohne den richtigen Partner trauen sich die wenigsten den Schritt zu. 74 Prozent sagen, dass es ohne Mr. Right oder Mrs. Perfect schwer wird. Überhaupt ist für die allermeisten eine stabile Partnerschaft wichtiger als alles andere im Leben: Als zweites kommt die Balance zwischen beruflicher Belastung und persönlicher Freizeit, erst als drittes folgen eigene Kinder. Wohlstand und Karriere landen abgeschlagen auf den hinteren Plätzen. Warum das so ist? Die jungen Deutschen, so scheint es, sehen bei der Generation der heutigen Eltern, was es heißt, sich gleichzeitig für Kinder und Karriere abzuhetzen.

Aber machen Kinder denn nicht auch glücklich? Die jungen Deutschen sind da sehr unromantisch: Sie wollen Kinder, aber nur drei Prozent glauben, dass ihr Leben dadurch glücklicher und erfüllter wird. Im Gegenteil: 96 Prozent ahnen, dass sich ihre Leben vor allem stark verändert - weniger eigene Zeit, mehr Verantwortung, und ein neuer Taktgeber im Alltag. Kein Wunder, dass die nächste Elterngeneration alles groß schreibt, was nach Entspannung aussieht.

Mutterschaft mit 50 Jahren kein Tabu mehr

Dazu passt auch die große Offenheit, mit der die kommende Elterngeneration aufs Kinderkriegen im höheren Alter schaut: Biologische Grenzen? Nicht mit uns, sagen vor allem die jungen Frauen: Bereits jetzt sind Frauen bei der Geburt ihres ersten Kindes knapp 30 Jahre alt. In der Umfrage zeigt sich, dass der Wunschzeitpunkt fürs Kinderkriegen immer weiter nach hinten wandert, je älter die Frauen werden. Das heißt: Die Mehrheit der Frauen unter 22 Jahren wünscht sich Kinder bis zum 27. Lebensjahr, bei den Älteren wollen die meisten ihr erstes Kind erst im Alter zwischen 30 und 35 Jahren bekommen.

Fast jeder Zweite glaubt zudem, dass es in 20 Jahren vollkommen normal sein wird, wenn Frauen mit 50 Jahren zum ersten Mal Mutter werden. Um die biologische Uhr auszutricksen, finden es 64 Prozent in Ordnung, wenn sich Frauen ihre Eizellen einfrieren lassen – jede dritte kann sich „Social Freezing“ auch für sich selbst vorstellen.