Mainz. Die „Mainzer Erklärung“ der CDU zur Flüchtlingspolitik ist noch verschärft worden. Die Parteispitze steht unter Druck aus der Basis.

Die CDU-Spitze steht nach den massiven Angriffen auf Frauen an Silvester in Köln unter Druck und dringt auf schärfere Gesetze. Der Parteivorstand beschloss bei seiner Klausur in Mainz die „Mainzer Erklärung“. An einigen Stellen wurde sie gegenüber dem Entwurf noch verschärft. Was die CDU plant – und wie die Kanzlerin Zwischenfazit zieht zu laufenden Fragen in der Flüchtlingspolitik:

• Asylberechtigten, Flüchtlingen und Asylbewerbern sollen nach Straftaten früher abgeschoben werden können. So soll es die Aufenthaltsberechtigung schon entzogen werden, wenn sie „rechtskräftig wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe auch unter Bewährung verurteilt wurden“. Vorher war im Entwurf nicht vorgesehen, dass auch Kriminelle mit Abschiebung rechnen müssen, die lediglich Bewährungsstrafen erhalten. Die Kanzlerin erklärte, das Recht auf Asylverfahren könne verwirkt werden, wenn Strafen ausgesprochen würden - auch schon auf Bewährung.

• Die Mainzer Erklärung sieht vor, „Abschiebehindernisse klarer zu formulieren“, um Missbrauch des Asylrechts auszuschließen. Es sei Ziel, insbesondere abgelehnte Asylbewerber zügig zurückführen. Das ist keine neue Forderung.

• Nach Fällen wie in Köln soll Schleierfahndung wieder möglich sein. „Bei erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung – wie beispielsweise in der Silvesternacht rund um den Kölner Hauptbahnhof – muss die Polizei in der Lage sein, (...) verdachtsunabhängige Personenkontrollen durchzuführen. Das ist in den Polizeigesetzen der Länder verankert, die CDU Deutschlands wolle sich für entsprechende Rechtsgrundlage dort einsetzen.

• Die CDU ist nun für eine Reform des Sexualstrafrechts, so dass der Straftatbestand der Vergewaltigung schon bei einem klaren Nein des Opfers auch ohne Gewalt oder Nötigung erfüllt sei. Auch sexuelle Belästigungen wie Grapschen sollen unter Strafe gestellt werden – bislang gilt das allenfalls als Beleidigung.

Was Merkel noch plant – und was nicht

• Merkel rechnet damit, dass es mit der SPD zu einer schnellen Einigung über Änderungen im Asylrecht. Sie gehe davon aus, „dass zeitnah klar sein wird, welche Gesetzesänderungen wir beschließen können“. Sie gehe aber nicht davon aus, dass das auf Eis liegende Asylpaket zwei für schnellere Asylverfahren aufgeschnürt werde. Hier seien die Verhandlungen auch gut fortgeschritten. Es müsse außerdem darauf geachtet werden, dass nicht nur neue Gesetze beschlossen, sondern bestehende Regelungen auch eingehalten würden.

• Merkel lässt offen, wann wie angestrebt die Zahl neuer Flüchtlinge in Deutschland deutlich sinken wird. „Mit Hochdruck und Nachdruck arbeiten wir an einer nachhaltigen Reduzierung“, sagte sie. Es sei nicht richtig, hier genau die Tage zu nennen. Merkel will eine „faire Verteilung“ der Flüchtlinge innerhalb Europas erreichen und die Situation in den Herkunftsländern verbessern. Viel erwartet sie von der Türkei. Für den 22. Januar kündigte sie deutsch-türkische Regierungskonsultationen an.

• Es ist noch nicht entschieden, ob die Bundesregierung Marokko und Algerien als weitere sichere Herkunftsstaaten einstufen wird. Sie glaube aber, dass „die Bleibeperspektiven jedenfalls deutlich geringer sein werden für diese Flüchtlinge als die Bleibeperspektiven von zum Beispiel Syrern oder Irakern“.

„Die Stimmung an der CDU-Basis ist unterirdisch“

Bei der Klausurtagung warnten hohe Parteifunktionäre Merkel nach Angaben von Teilnehmern, die Lage sei dramatisch. In zwei Monaten stehen für die CDU wichtige Landtagswahlen an. „Die Stimmung an der Basis ist unterirdisch“, sagte demnach der Chef des Unions-Mittelstands (MIT), Carsten Linnemann. Wenn der Zustrom an Flüchtlingen so bleibe wie bisher, werde Integration in Deutschland nicht gelingen. In der CDU gibt es auch die Sorge, dass viele Bürger das Vertrauen in den Rechtsstaat verlieren. Für die Partei ist die innere Sicherheit ein Markenkern.

Merkel nannte die Ereignisse von Köln nach Teilnehmerangaben einen Paukenschlag. Der Spitzenkandidat der baden-württembergischen CDU bei der Landtagswahl im März, Guido Wolf, sprach von einer Zeitenwende. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier sagte, Köln habe alles verändert, die Menschen zweifelten nun. In der Mainzer Erklärung (PDF) geht es auch um wirtschaftspolitische Fragen. (law/dpa/rtr)