Berlin . Der Vorschlag von SPD-Vize Olaf Scholz erntet Kritik von Linken und Grünen. Sahra Wagenknecht wirft der SPD mangelnde Kreativität vor.

SPD-Vize Olaf Scholz will Sozialleistungen für EU-Ausländer einschränken. „Freizügigkeit bedeutet nicht, dass man sich aussuchen kann, wo man Sozialleistungen erhält“, sagte Hamburgs Erster Bürgermeister dem „Spiegel“. Wanderungsbewegungen, die durch höhere Sozialleistungen motiviert werden, sollten unterbunden werden, so der Sozialdemokrat.

Konkret schlug Scholz vor, dass EU-Ausländer erst dann dauerhaft Sozialleistungen beantragen können, wenn sie ein Jahr in einem Land gelebt und gearbeitet haben. Entsprechende Urteile habe der Europäische Gerichtshof schon gefällt. „Ich plädiere dafür, die deutschen Sozialgesetze für europäische Zuwanderer präzise an die europäische Rechtsprechung anzupassen“, sagte Scholz. Zuvor hatte schon Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) vorgeschlagen, Sozialleistungen für EU-Ausländer zu beschneiden.

Wagenknecht wirft den Sozialdemokraten mangelnde Kreativität vor

EU-Bürger, die noch nie in Deutschland erwerbstätig waren, sind zwar von Hartz-IV-Leistungen ausgeschlossen. Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts von Anfang Dezember muss aber die Sozialhilfe einspringen, wenn mittellose EU-Ausländer mehr als sechs Monate in Deutschland leben. Für diese Sozialleistungen sind die Kommunen zuständig. Sie fürchten nun Lasten in Millionenhöhe.

Sahra Wagenknecht, Fraktionschefin der Linken im Bundestag, kritisiert den Vorstoß von Scholz – und wirft den Sozialdemokraten mangelnde Kreativität vor. „Wenn die SPD ab und an auch nur halb so kreativ wie über die Kürzung von Sozialleistungen über die Frage nachdenken würden, die Superreichen über Vermögens- und ordentliche Erbschaftssteuern wieder an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben zu beteiligen, wäre den Städten und Gemeinden ganz sicher mehr geholfen“, sagte Wagenknecht dieser Zeitung.

Auch die Grünen äußern Kritik an Scholz

Auch die Grünen äußern Unmut. „Wir brauchen mehr und nicht weniger soziales Europa“, sagte Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für Sozialpolitik der grünen Bundestagsfraktion. EU-Bürger, die in einem anderen Land Arbeit suchten, bräuchten dazu auch finanzielle Unterstützung. „Frau Nahles sollte dafür sorgen, dass die Betroffenen Arbeitslosengeld II bekommen – vorausgesetzt, dass die Betroffenen aktiv Arbeit suchen.“

Bundessozialministerin Andrea Nahles (SPD) hatte zuvor gesagt: „Wir müssen die Kommunen davor bewahren, unbegrenzt für mittellose EU-Ausländer sorgen zu müssen.“ Nahles betonte, Städte und Gemeinden vor Überforderung schützen zu wollen. „Die Kommunen sind gerade erst bewusst von uns entlastet worden, sie haben noch neue Aufgaben durch die Flüchtlinge bekommen. Das wollen wir nun nicht durch die Hintertür wieder aushebeln“, sagte sie. Nahles geht davon aus, eine schnelle Einigung innerhalb der Bundesregierung erzielen zu können. (mit epd)