Berlin. Das ist sein bislang schlechtestes Ergebnis: Nur knapp drei Viertel der Delegierten stimmten in Berlin für Sigmar Gabriel als SPD-Chef.

„So ist das Leben“, sagte Sigmar Gabriel nach der Wahl zum SPD-Parteivorsitzenden. Die Delegierten verpassten ihm mit 74,3 Prozent der Stimmen einen Dämpfer. Vor zwei Jahren war er nach der verlorenen Bundestagswahl und auf dem Weg in die große Koalition auf 83,6 Prozent Zustimmung gekommen. Am Freitag also erzielte er sein bislang schlechtestes Ergebnis als Parteichef.

Bei den Wahlen zu den Stellvertretern erzielte keiner ein schlechteres Ergebnis als Gabriel. Am besten schnitt Familienministerin Manuela Schwesig mit 92,2 Prozent der Stimmen ab, gefolgt von NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft mit 91,4 Prozent.

Mit Spannung war erwartet worden, ob die etwa 600 Delegierten dem kommenden Kanzlerkandidaten mit einem guten Ergebnis den Rücken stärken. Das taten sie nicht. Der Dämpfer kommt nun zu einer denkbar ungünstigen Zeit.

Gabriel gibt zu, die Partei nicht geschont zu haben

„In der Zeitung wird stehen: Gabriel abgestraft – und so das ist ja auch“, sagte der alte und neue SPD-Chef nach der Wahl. Gabriel räumte ein, er habe die Partei nicht geschont – etwa mit seinem Eintreten für die Vorratsdatenspeicherung oder für eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen. Aber er sei überzeugt von diesem Kurs. „Ich verstehe, dass es Menschen in der SPD gibt, die sagen: Ich bin damit nicht einverstanden“, erklärte er. „Aber jetzt ist mit Dreiviertelmehrheit entschieden, wo es lang geht.“

Scharfe Kritik an dem Parteichef war zuvor vom SPD-Nachwuchs gekommen. Die Juso-Bundesvorsitzende Johanna Uekermann hatte ihm vorgeworfen, keine glaubwürdige Politik zu machen. Sie könne die Menschen verstehen, die sagen: „Ich kann der SPD nicht glauben, dass sie tut, was sie sagt.“ Gabriel hatte das vehement zurückgewiesen. Dies sei eine Unterstellung und nicht in Ordnung. Aber auch andere Delegierte – vor allem Parteilinke – hatten ihrem Ärger über den Kurs der SPD Luft gemacht. Sie hatten einen Schlingerkurs der Partei und eine mangelnde Beteiligung der Mitglieder beklagt.

Mit einer 105-minütigen Rede hatte Gabriel für ein möglichst gutes Ergebnis geworben. „Wir wollen Deutschland wieder regieren und nicht nur mitregieren“, hatte er gesagt. „Natürlich vom Kanzleramt aus. Wo denn sonst?“ Seine Partei hatte er aufgerufen, jeden Tag für ihre Überzeugungen zu kämpfen: „Lasst euch nicht kirre machen wegen der Umfragen.“ Mit Geschlossenheit und Selbstbewusstsein könne die SPD aus dem Tal herauskommen. „Das schaffen wir! Gemeinsam!“

Digitale Auswertung scheiterte

Der 56-Jährige steht seit 2009 an der Spitze der Partei. Seit Monaten verharrt die SPD in Umfragen bei Werten um die 25 Prozent.

Die Wiederwahl hatte sich zunächst durch eine peinliche Panne verzögert. Die Tablets, mit denen die Abstimmung eigentlich durchgeführt werden sollte, funktionierten nicht. Die SPD musste deswegen wieder auf Wahlzettel zurückgreifen. Entsprechend dauerte die Auszählung länger. Erstmals hätten die Stimmen elektronisch abgegeben werden sollen. Nach einem ersten Versuch hatte die Sitzungsleiterin Doris Ahnen aber festgestellt: „Das hat nicht funktioniert.“ Nach kurzer Beratung kündigte sie an, dass man zu dem „uns bekannten konventionellen Verfahren“ zurückkehre. Daraufhin wurden Stimmzettel ausgeteilt. (sdo/dpa)