Wiesbaden. Die Flüchtlingskrise macht es möglich: Im hessischen Landtag kooperiert jetzt die schwarz-grüne Regierung mit der SPD-Opposition.

Seit Jahrzehnten gilt Hessens Landtag als extrem polarisiert. Jetzt sorgt die Bewältigung der Flüchtlingskrise für eine bislang einzigartige Kooperation von Regierung und Opposition. Schwarz-Grün einigte sich am Dienstag in Wiesbaden mit der SPD-Opposition auf zusätzliche Maßnahmen zum bereits im November beschlossenen Aktionsplan der Regierung, den auch die Sozialdemokraten befürwortet haben.

Mit 50 Millionen Euro wird auf Vorschlag der SPD im Haushalt 2016 der Bau von Wohnungen angekurbelt. Die SPD setzte außerdem zusätzliche 100 Stellen für die Polizei durch. Bereits am Montag hatte die Regierungsfraktionen von CDU und Grünen beschlossen, dass der Polizeidienst im kommenden Jahr um mindestens 300 Stellen aufgestockt wird.

„Besondere Zeiten erfordern besondere Lösungen“, sagte SPD-Oppositionsführer Thorsten Schäfer-Gümbel zu der für ihn bundesweit einmaligen Kooperation. CDU-Fraktionschef Michael Boddenberg sprach von einem „Signal“, dass die großen Parteien beim Thema Flüchtlinge sich einig seien. Hessen zeige, „dass man bei einer so großen Herausforderung zusammensteht“, meinte Grünen-Fraktionschef Mathias Wagner. Der „übliche Streit der Parteien“ bringe sie nicht weiter.

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Über eine Milliarde Euro für die Flüchtlingshilfe

Die Landesregierung will im Etat 2016 über eine Milliarde Euro für die Flüchtlingshilfe zur Verfügung stellen, darunter sind 800 neue Lehrerstellen und höhere Kostenpauschalen für die Kommunen. Am Donnerstag beschloss Schwarz-Grün außerdem die Aufstockung des Bereichs Innere Sicherheit. Dieser wird jetzt durch den Verbund mit der SPD nochmals um 100 Stellen für Polizisten ausgeweitet. Die Polizei erhält zusätzlich eine Million Euro für Schutzausrüstung und weitere 3,5 Millionen Euro für den Ausgleich von Überstunden.

Auf der Habenseite verbucht die SPD außerdem sechs Millionen Euro für das Ganztagsschulprogramm, von denen nicht nur Flüchtlingskinder profitieren sollen. Im Wohnungsbau wird mit Hilfe der 50 Millionen Euro das Eigenkapital der landeseigenen Nassauischen Heimstätte aufgestockt, die damit mit Hilfe zusätzlicher Mittel auf dem Kapitalmarkt nach Angaben Schäfer-Gümbels rund 6000 bezahlbare Wohnungen bauen kann.

„Höchstform von Oppositionsarbeit“

Die seit einigen Wochen laufenden Gespräche zwischen Regierung und Opposition waren auf Initiative der SPD zustande gekommen. Schäfer-Gümbel wehrte sich gegen die Sichtweise, seine Partei habe zugunsten einiger Lieblingsprojekte die ihr eigentlich zugedachte Oppositionsrolle aufgegeben.

Es sei eine „Höchstform von Oppositionsarbeit“, in der Sache was zu erreichen, sagte der SPD-Chef. Seine Partei werde kommende Woche im Landtag auch nicht dem Gesamthaushalt der Regierung zustimmen, sondern lediglich dem Paket zu Integration und Flüchtlingen. (dpa)