Präsidentschaftskandidaten auf Werbetour. Zustimmung für Wulff nun auch bei den Liberalen

Berlin. Vielleicht hatte Christian Wulff selber nicht damit gerechnet, dass seine Vorstellung in der FDP-Fraktion am Ende doch auf so viel ungeteilte Zustimmung stoßen würde. "Das war alles wunderbar" sagte der CDU-Politiker jedenfalls, als er den FDP-Fraktionssaal im Reichstag gestern wieder verlassen hatte.

Nachdem es in den Tagen zuvor offene Drohungen aus einigen FDP-Landesverbänden gegeben hatte, Wulff am 30. Juni nicht mitzutragen, demonstrierte Wulff jetzt Siegeszuversicht: "Ich bin sicher, dass wir jetzt sehr geschlossen und sehr gestärkt in die Bundesversammlung gehen werden", sagte er. Und fügte an: "Ich kann mich verlassen auf CDU, CSU und FDP am 30. Juni." Doch kann er das wirklich? Am Nachmittag hatte sich Wulff zunächst den Fragen der FDP-Fraktion gestellt. Die CDU/CSU-Fraktion hatte nach Angaben ihres Vorsitzenden Volker Kauder keine Fragen an Wulff, sondern gab ihm "das ganz klare Signal", dass er auf die Union setzen könne. Kauder sagte: "Christian Wulff wird ein Bundespräsident sein, wie ihn dieses Land verdient hat." CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich ergänzte, Wulff sei zwar sehr jung, aber ein Politiker, der gut vermitteln könne. "Ich glaube, er wird ein hervorragender Präsident."

In der FDP-Fraktion stellten überwiegend Parlamentarier aus Ostdeutschland Fragen an Wulff. Dabei gab es nach Teilnehmer-Angaben kaum kritische Anmerkungen. Fraktionschefin Birgit Homburger sagte: "Mit Christian Wulff haben wir einen überzeugenden Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten." Sie sei sicher, dass es eine "große Unterstützung" der FDP-Fraktion geben werde. In den ostdeutschen FDP-Landesverbänden gab es bisher allerdings auch Zustimmung für den Kandidaten von SPD und Grünen für das Präsidentenamt, Joachim Gauck, der gestern eine Vorstellungsrunde durch die Landesparlamente startete.

Auf Abweichler gebe es keinerlei Hinweise, beteuerte auch der der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Peter Altmaier. Ungerührt nahm der CDU-Mann auch die Ankündigung seiner Berliner Kollegin und Ex-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld zur Kenntnis, die erklärt hatte, für Gauck werben zu wollen, da dieser "die Sehnsucht vieler Deutscher nach Beendigung machtpolitischer Spielchen" verkörpere. Doch sicher weiß es auch in der Unionsspitze trotzdem keiner, ob die eigenen Wahlleute am 30. Juni tatsächlich geschlossen für den niedersächsischen Ministerpräsidenten stimmen. Es könnte, wird hinter vorgehaltener Hand kolportiert, auch manchen geben, der die Gelegenheit nutzen wolle, um Parteichefin Angela Merkel, deren Kandidat Wulff ja in erster Linie sei, eine Niederlage zu bescheren. Dabei ist die Lesart, dass auch die Koalition am Ende wäre, wenn Wulff trotz der klaren Mehrheitsverhältnisse gegen Joachim Gauck verlöre. Die stellvertretende FDP-Vorsitzende Cornelia Pieper betonte vielleicht auch deshalb noch einmal die "breite Rückendeckung" auch bei den Liberalen. Die Abgeordneten seien nach der Aussprache mit Wulff "sehr glücklich" gewesen.

Doch Joachim Gauck gibt sich ebenfallsweiter optimistisch. Er sagte gestern bei einem Vorstellungstermin im Brandenburger Landtag von Potsdam, er rechne fest mit Unterstützung aus unterschiedlichen politischen Lagern. Gegenüber "Spiegel Online" machte der Oppositionskandidat zudem kein Hehl daraus, dass er rot-rot-grüne Bündnisse im Bund ablehnt. "Rot-Rot-Grün wünsche ich mir nicht und kann es mir auch überhaupt nicht vorstellen", sagte er. Der Linkspartei fehlt die programmatische Verlässlichkeit", sagte er. Und fügte an: "Mit Herrn Gysi verbindet mich persönlich eher wenig - um nicht zu sagen nichts." Er hoffe auf die Jüngeren in der Partei. Die Linke, die die Fernsehjournalistin Luc Jochimsen ins Rennen schickt, will Gauck jetzt zu einer Diskussion in die Fraktion einladen.