BA-Vorstand Heinrich Alt hält Erfassung von Arbeitszeiten für den Normalfall

Berlin/Düsseldorf. Union und SPD wollen schneller als bisher vorgesehen auf Schwierigkeiten bei der Anwendung des Mindestlohn-Gesetzes reagieren. Beide Seiten erklärten am Mittwoch in Berlin, bis Ostern sollten auftretende Probleme gesammelt werden. Bisher wollte sich Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) damit mindestens ein halbes Jahr Zeit lassen. Der Unionsfraktionsvorsitzende Volker Kauder (CDU) sagte, anschließend werde man die Ergebnisse gemeinsam bewerten, „um zu prüfen, wo wir etwas ändern müssen“. Als „Hauptproblem“ nannte Kauder den Umgang mit ehrenamtlich Tätigen in Abgrenzung zu regulär Beschäftigten.

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Christine Lambrecht, erklärte, auch die SPD wolle, dass die Umsetzung des Mindestlohns überprüft werde. „Wir werden aber keine Veränderungen vornehmen, die den Mindestlohn unterlaufen“, sagte sie weiter. Sie verteidigte die Lohngrenze von 2958 Euro monatlich, bis zu der Arbeitgeber bestimmter Branchen die Arbeitszeit dokumentieren müssen. Der Wirtschaftsflügel der Union fordert eine Senkung auf 1900 Euro.

Die Arbeitsmarkt-Expertin der Grünen-Bundestagsfraktion, Brigitte Pothmer, begrüßte zwar, dass die Mindestlohn-Regelungen evaluiert werden sollen. Sie machte aber deutlich, dass die nun getroffene Vereinbarung eine seriöse Auswertung kaum ermögliche. Erst ab März werde der Zoll die Einhaltung des neuen Gesetzes kontrollieren können – im April wolle die Koalition aber bereits beurteilen, ob die Dokumentationspflichten angemessen seien oder nicht. Wie das gehen solle, sei „schleierhaft“, sagte Pothmer.

Der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit, Heinrich Alt, stärkte Bundesarbeitsministerin Nahles den Rücken. Die Erfassung von Arbeitszeiten „sollte doch wohl der Normalfall sein – nicht nur, wenn es um den Mindestlohn geht“, sagte er der „Rheinischen Post“. Die hitzige Debatte in der Koalition über das Thema verstehe er nicht ganz: „Wenn man die Zahl der geleisteten Stunden nicht dokumentiert, ist Missbrauch nicht auszuschließen, auch nicht bei Minijobs.“

Mit dem zum 1. Januar eingeführten Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde wurden Arbeitgeber verpflichtet, die geleisteten Stunden ihrer Arbeitnehmer zu dokumentieren. Diese Vorgabe gilt bis zu einem Monatsgehalt von 2958 Euro. Die Arbeitgeber kritisieren das als zu bürokratisch.