Zivilisten werden in Konfliktgebieten kaum noch geschützt

Berlin. Syrien und die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS), Gaza, Nigeria – die ersten Schlagworte, die im Menschenrechts-Report von Amnesty International fallen, sind wenig überraschend. Angesicht der vielen weltweiten Krisen spricht die Organisation in ihrem am Mittwoch in Berlin vorgestellten Bericht von einem „verheerenden Jahr“ 2014. Es bleibe die Hoffnung, dass es rückblickend als „ultimativer Tiefpunkt“ angesehen werden könne.

Sorge bereitet den Menschenrechtlern vor allem, dass in Konflikten kaum mehr zwischen Zivilisten, Mitarbeitern von Hilfsorganisationen und Diplomaten auf der einen Seite und bewaffneten Gegnern andererseits unterschieden wird. „Politiker traten die Regeln, nach denen Zivilisten beschützt werden müssten, mit Füßen“, so die Einschätzung der Menschenrechtler.

Darüber hinaus listet der Report Probleme auf, die es nur selten in die Schlagzeilen schaffen. Die Diskriminierung und Verfolgung homosexueller Menschen gehe in mehreren afrikanischen Ländern ungebremst weiter; im asiatischen Raum würden homosexuelle Partnerschaften und Ehebruch teils mit dem Tod durch Steinigung bestraft. Gefängnisse in Lateinamerika seien oftmals „in albtraumhaftem Zustand“. Im nordostafrikanischen Eritrea etwa hätten weder die politische Opposition, unabhängige Medien oder die Zivilgesellschaft die Möglichkeit zur Teilhabe.

Religiöse Verfolgung sieht Amnesty ebenfalls als wachsendes Problem, das Regierungen „entweder mitverantworten oder nicht effektiv bekämpfen“. Die Blasphemie-Gesetze in Pakistan und Indonesien hätten zu einem Klima der Intoleranz und sich häufenden Gewalttaten geführt. Der Regierung in Malaysia, die Christen verboten hat, das Wort „Allah“ als Übersetzung für „Gott“ zu nutzen, wirft Amnesty vor, Religion als „Rechtfertigung für anhaltende Diskriminierung“ zu missbrauchen. Daneben hebt der Bericht hervor, dass die Menschenrechte auch im Westen verletzt werden. Beispiele sind der CIA-Folterskandal in US-Gefängnissen oder die ertrinkenden Bootsflüchtlinge vor Europas Küsten. Im Ukraine-Konflikt schließlich flammten Konflikte zwischen Ost und West wieder auf, die man ab 1989 für beigelegt gehalten habe.

In Deutschland sieht Amnesty die größten Probleme im Bereich der Polizeigewalt, damit verbunden den Personalmangel bei der zuständigen Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter, sowie bei Übergriffen auf Flüchtlinge und Asylbewerber. Auch die umstrittenen Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien stimmten bedenklich.