In Thüringen, wo die Partei mit der Linken koaliert, ist die Austrittsrate dramatisch gestiegen

Berlin. Zu Beginn der Großen Koalition hat die SPD so viele Mitglieder verloren wie zuvor lange nicht mehr. Zum Ende des Jahres 2014 besaßen 459.902 Menschen das Parteibuch der Sozialdemokraten – das sind 13.760 oder 2,9 Prozent weniger als am 31. Dezember 2013. So steht es in einem parteiinternen Papier zum Thema „Mitgliederentwicklung und Strukturdaten 2014“. „Die Zahl der Eintritte war im Kalenderjahr 2014 niedriger als die Zahl der Austritte“, ist darin zu lesen. Der Mitgliederrückgang 2014 ist der relativ höchste seit dem Jahr 2008. Tendenziell verlieren die Volksparteien SPD, CDU und CSU seit vielen Jahren Mitglieder – vor allem infolge der demografischen Entwicklung. Oftmals übersteigt die Zahl der Todesfälle die der Austritte.

Mit einem Minus von 6,2 Prozent hat die SPD in Thüringen die relativ meisten Mitglieder aller 16 Landesverbände verloren. Diese Rate ist somit mehr als doppelt so hoch wie der Durchschnitt, und sie dürfte eine Folge der Bildung der rot-rot-grünen Landesregierung unter Führung der Linken sein. Im Dezember 2014 war Bodo Ramelow in Erfurt zum ersten Linke-Ministerpräsidenten gewählt worden. Die Mitglieder der thüringischen SPD hatten zuvor die Bildung der rot-rot-grünen Koalition in einer Abstimmung befürwortet, daneben war jedoch heftige Kritik geäußert worden. Insbesondere in der Gründer-Generation der kleinen thüringischen SPD, unter den von der friedlichen Revolution 1989/90 geprägten Sozialdemokraten, hatte es Widerstand gegen die Wahl eines Linken zum Regierungschef gegeben. Die Landes-SPD hatte über einen Austrittssaldo von 50 Mitgliedern infolge der Regierungsbildung berichtet. Insgesamt aber sank die Zahl der thüringischen SPD-Mitglieder im vergangenen Jahr um 270 – von 4382 auf 4112 Mitglieder.

Die geringsten Rückgänge waren in Brandenburg (minus 0,4 Prozent) und Berlin (minus 0,5 Prozent) verzeichnet worden. Überdurchschnittlich starke Mitgliederverluste mussten neben Thüringen die SPD-Landesverbände in Sachsen-Anhalt (minus 4,6 Prozent), Hessen (minus vier Prozent) und Nordrhein-Westfalen (minus 3,4 Prozent) hinnehmen. Die Landesverbände Schleswig-Holstein und Niedersachsen verloren jeweils 3,3 Prozent ihrer Mitglieder. Die geringen Mitgliedereinbußen verzeichnet Berlin mit minus 0,5 Prozent. Weniger Mitglieder als in ihrem Bundesschnitt verlor die SPD auch in Hamburg (minus 1,5 Prozent), in Sachsen (minus 1,6 Prozent) sowie in Baden-Württemberg (minus 1,9).

Die wenigsten Mitglieder (nämlich 2767) hat die SPD in Mecklenburg-Vorpommern. Anders als Linke, CDU und FDP hatte die SPD nicht auf Mitglieder, Strukturen und Geld der DDR-Staatspartei SED oder der sie stützenden Blockparteien zurückgegriffen.