AOK-Bericht fordert eine Neuordnung der Krankenhauslandschaft und bemängelt fehlendes Konzept

Berlin. Eine grundlegende Neuordnung der Krankenhauslandschaft in Deutschland und eine konsequente Ausrichtung an der Qualität der Behandlung fordert die Krankenkasse AOK. Die geplante Reform dürfe nicht nur eine große Finanzspritze für Kliniken werden, forderte AOK-Vorstand Uwe Deh am Freitag bei der Vorstellung des „Krankenhaus-Reports 2015“ in Berlin. Deh sprach sich für bundesweit einheitliche Standards für Qualität und Finanzierung der Kliniken aus. Krankenhäuser würden sonst wahrscheinlich aus Umsatzinteressen im großen Stil zu spezialisierten Zentren erklärt. „Wichtig ist aber, dass Kliniken, die die Anforderungen an Zentren nicht erfüllen, auch bestimmte Behandlungen nicht machen dürfen.“

Für die Zertifizierung als Brustkrebszentrum muss eine Klinik eine Mindestmenge von 50 Eingriffen pro Operateur gewährleisten. Große Teile der Krankenhäuser seien aber weit davon entfernt, diese Anforderung der Deutschen Krebsgesellschaft zu erfüllen, so die AOK.

Als das „wichtigste gesundheitspolitische Vorhaben dieser Legislaturperiode“ bezeichnet der Mitherausgeber des Krankenhaus-Reports, der Gesundheitswissenschaftler Jürgen Wasem, einen „qualitätsorientierten Umbau“ der Krankenhauslandschaft. In den von einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe formulierten Eckpunkten fehle allerdings ein schlüssiges Programm zur Umsetzung der Qualitätsoffensive. Wasem rief die Politik dazu auf, mit Reformen bei jenen 25 Prozent der Klinik-Kapazitäten anzusetzen, die leer stünden, aber Geld für den Unterhalt kosteten.

Nach Meinung des AOK-Vorstands gibt es schon heute funktionierende Ansätze, auf denen die Politik eine qualitätsorientierte Klinikreform aufbauen könne. Als Beispiel nennt Deh die Zertifizierung von Brust- oder Darmkrebszentren. Hier hätten die Beteiligten durch freiwilliges Engagement bereits ein gutes Stück des Weges zurückgelegt.

Nach Angaben von Simone Wesselmann, Leiterin des Bereichs Zertifizierung der Deutschen Krebsgesellschaft, liegt die Überlebensrate von Patientinnen von zertifizierten Brustkrebszentren nach vier Jahren bei 90 Prozent. Bei Behandlungen außerhalb zertifizierter Zentren seien es 83 Prozent. Die meisten Onkologie-Standorte mit Zertifikat gibt es derzeit für Brustkrebs (335 Zentren) und Darmkrebs (272).

Die AOK erklärte, für eine Mehrzahl der Patientinnen sei Qualität wichtiger als die Nähe zum Wohnort. So entschieden sich 63 Prozent der AOK-Patientinnen mit Brustkrebs für ein zertifiziertes Zentrum, obwohl andere Krankenhäuser näher gewesen wären.

Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) kritisierte, der „Krankenhaus-Report“ klammere das brisante Thema Personal aus. Dabei seien die Mitarbeiter die „wertvollste Ressource, die der Dienstleister Krankenhaus hat“, so DBfK-Referentin Johanna Knüppel. Der in den vergangenen Jahren erfolgte Abbau von Pflegeleistungen habe gravierende Konsequenzen. „Pflegeaufgaben werden drastisch rationiert.“ Das betreffe vor allem gesundheitsfördernde Maßnahmen wie Prophylaxen, Mobilisierung, Entlassungsvorbereitung und Informations- und Beratungsgespräche.