Was viele Autofahrer als Willkür empfinden, will der Verkehrsminister fairer gestalten

Berlin. Die medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) für Verkehrssünder wird einer gründlichen Reform unterzogen. Sie soll künftig mehr Qualität bieten und bei Betroffenen an Akzeptanz gewinnen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) begründete das Reformvorhaben damit, dass bei der auch als Idiotentest bekannten MPU eine „größere Transparenz“ vonnöten sei.

Zu den weiteren Neuerungen sagte Dobrindt: „Wer zur MPU muss, soll die Chance bekommen, sich auf einen standardisierten Test vorbereiten zu können. Außerdem muss es bei den Testergebnissen eine geregelte Nachprüfbarkeit geben.“ Man habe mit Wissenschaftlern im vergangenen Jahr die geplanten Änderungen erarbeitet.

Rund 95.000 Autofahrer mussten sich im Jahr 2013 medizinisch-psychologisch begutachten lassen, und die Zahlen verändern sich nur geringfügig von Jahr zu Jahr. Die MPU soll zur Entscheidung führen, ob eine Person ihren Führerschein erhalten oder zurückerhalten kann. Bei den meisten Autofahrern, die den Test durchlaufen, ist Trunkenheit am Steuer der Grund für die Maßnahme. Auch Fälle von Drogen- oder Medikamentenmissbrauch tauchen häufiger in der Statistik auf.

Die MPU wird laut Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) angeordnet, wenn das Risiko bei einem Autofahrer für eine „erneute Auffälligkeit“ im Verkehr besonders hoch ist. Verkehrssünder werden ab 1,6 Promille grundsätzlich zur Untersuchung geschickt. Auch ein erheblicher Verstoß oder wiederholte Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften können im Idiotentest münden. Selbst Fahrradfahrern droht die MPU bei grobem Fehlverhalten im Straßenverkehr. Ist der Führerschein erst mal weg, führt kein Weg an den amtlich anerkannten Begutachtungsstellen für Fahreignung vorbei: Das können TÜV, Dekra oder die Gesellschaft für Arbeits-, Verkehrs- und Umweltsicherheit Avus sein. Die MPU dauert in der Regel drei bis vier Stunden, bestehend aus zumeist drei Prüfblöcken: der medizinischen Untersuchung, einem Leistungstest und einem Gespräch mit einem Psychologen.

Bei all der Bürokratie genießt die Begutachtung nicht den seriösesten Ruf. Von Schikane oder Willkür der Gutachter ist des Öfteren die Rede, auch von mangelnder Transparenz und von Abzocke. Im Verkehrsministerium hat man sich der Kritik angenommen – und selbst Mängel festgestellt.

Für Betroffene sei es zum Beispiel schwierig, aus der Fülle der Angebote zum Bestehen der MPU seriöse und kompetente Informationen herauszufiltern, heißt es im Ministerium. Außerdem wird kritisiert, dass die Fragestellungen zur Veranlassung einer MPU auf Rechtsnormen, Ländererlassen und verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung basieren. Dies führe etwa dazu, dass in den Ländern, teilweise auch in verschiedenen Behörden eines Landes, für gleiche MPU-Anlässe verschiedene Fragestellungen formuliert würden. Auch soll es immer wieder Unstimmigkeiten über die im Gutachten wiedergegebenen Gesprächsinhalte geben. Obendrein ist die MPU nicht billig zu bekommen – zwischen 350 und 750 Euro fallen je nach Begutachtungsanlass an. Mehr noch: Die gemeinhin empfohlenen Gruppenkurse vor der Begutachtung kosten bis zu 600 Euro. Und der Erfolg beim ersten Versuch ist ungewiss. So sehr sogar, dass der ADAC allein für die MPU ein zehnseitiges Empfehlungspapier verfasst hat. Darin wird vor allem für das psychologische Untersuchungsgespräch angemahnt, dass man sich geläutert zeigen solle. Es müsse klar zu einer selbstkritischen Auseinandersetzung mit den Auffälligkeiten der Vergangenheit kommen.

An der Transparenz und Akzeptanz des Idiotentests will das Verkehrsministerium nun also arbeiten. Das Regelwerk und der Fragenkatalog sollen vereinheitlicht und die Fahreignungsberater amtlich anerkannt werden. Ein Obergutachter soll sich der Beschwerden über MPU-Gutachten annehmen. Auch die Frage nach Ton- und Videoaufzeichnungen der MPU soll final geklärt werden. Das Regelwerk wird in manchen Fällen auch schärfer. Man brauche höhere Anforderungen an diejenigen, die wegen schwerer oder wiederholter Trunkenheit zur MPU müssen, so Dobrindt. „Wer zu diesem Personenkreis gehört und seinen Führerschein wiederhaben will, muss zeigen, dass er sich dauerhaft nüchtern ans Steuer setzt.“ Das könne etwa mit dem Einbau von Alkolocks, speziellen Zündsperren, gehen. „Ich bereite dazu einen Modellversuch vor“, kündigte der Minister an.

Schon 2012 hatte das Verkehrsministerium die Projektgruppe „MPU-Reform“ ins Leben gerufen. Deren Ideen sollen am Donnerstag im Rahmen des runden Tischs „Alkohol-Interlocks“ im Ministerium vorgestellt und anschließend mit den Ländern diskutiert werden. Die Reform soll noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden.