„Einsatz gegen Schwachstelle“ sieht 261 neue Mitarbeiter vor – 17 Millionen Euro Kosten pro Jahr

Berlin. Als Konsequenz aus den Ermittlungspannen um die Mordserie des rechtsextremen NSU soll das Kölner Bundesamt gegenüber den 16 Landesbehörden aufgewertet werden, wie aus einem Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums hervorgeht. Danach soll das Bundesamt künftig als Zentralstelle dafür sorgen, dass wichtige Informationen nicht verloren gehen. Damit soll eine Schwachstelle beseitigt werden, die bei der Aufarbeitung der Pannenserie um die NSU-Ermittlungen sichtbar geworden war. Einzelne Landesbehörden hatten zwar Informationen über den NSU, diese wurden aber nie zentral zusammengeführt. Zum Teil versickerten sie zwischen den vielen Behörden. Für die zusätzlichen Aufgaben soll das Bundesamt 261 neue Mitarbeiter bekommen. Die Kosten für die Planstellen liegen dem Bericht zufolge bei 17 Millionen Euro pro Jahr. Außerdem soll das Bundesamt einen Vizepräsidenten bekommen, der sich um Qualitätsmanagement kümmert.

Künftig sollen sich die Verfassungsschützer auf Landes- und Bundesebene „unverzüglich die für ihre Aufgaben relevanten Informationen“ übermitteln, heißt es in dem Entwurf. Zusätzlich zu den Analysen, welche die Landesämter in eigener Regie vornehmen, soll das Bundesamt die Erkenntnisse in „Querschnittsauswertungen“ bündeln und regelmäßig bundesweite Lageberichte erstellen.

Laut Entwurf sollen auch die Anwerbung und der Einsatz der V-Leute auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt werden. Sie sind keine Angestellten des Verfassungsschutzes, werden in der Regel aber entlohnt. Eingesetzt werden V-Leute etwa in rechtsextremistischen, linksextremistischen und islamistischen Milieus. Die V-Leute sollen künftig nur dann zur Informationsbeschaffung eingesetzt werden, wenn es um Bestrebungen geht, die „darauf gerichtet sind, Gewalt anzuwenden oder Gewalt vorzubereiten“. Informanten, die schon einmal zu einer Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt wurden, dürfen nicht als V-Leute eingesetzt werden. Zudem müssen sie neben dem V-Mann-Entgelt dauerhaft eine andere Einnahmequelle haben.

In den Vereinigungen, über die sie informieren, dürfen die V-Leute keine „steuernde Einflussnahme“ ausüben, heißt es in dem Entwurf. Die Zusammenarbeit mit den V-Leuten muss beendet werden, wenn Anhaltspunkte für eine erhebliche Straftat vorliegen.

Die Linken und die Grünen zeigten sich unzufrieden mit dem Entwurf. „Bislang ist die Bundesregierung jeden Nachweis schuldig geblieben, dass V-Leute wirklich substanzielle Informationen geliefert haben“, erklärte der Linken-Vertreter im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr), André Hahn. Es sei vielmehr nachgewiesen, „dass Nazistrukturen wie der Thüringer Heimatschutz, aus dem der NSU hervorging, durch V-Leute mit den ihnen vom Verfassungsschutz ausgereichten finanziellen Zuwendungen aufgebaut wurden“. Die eigentlich logische Konsequenz sei es, V-Leute abzuschaffen.

Auch die Grünen-Innenexpertin Irene Mihalic monierte, mit dem Gesetzentwurf bleibe der V-Leute-Einsatz „ein staatliches Strukturförderprogramm für Neonazis mit weitgehend garantierter Straffreiheit“. Alles Wesentliche beim V-Leute-Einsatz sei weiterhin ungeregelt, sagte sie. Der Gesetzentwurf wurde bereits vom Bundesinnenministerium an die Länder zur Prüfung übersandt. Danach soll er im Kabinett behandelt werden. Die Reform des Verfassungsschutzes war 2012 als Reaktion auf die NSU-Ermittlungspannen angestoßen worden.