Die Partei will aus dem Umfragekeller. Doch die Edathy-Affäre kratzt an ihrer Glaubwürdigkeit

Berlin. Wenn die SPD-Spitze am Sonntag und Montag in Brandenburg zur Klausur zusammenkommt, könnten sich die Vertreter auf die Schulter klopfen: Zentrale sozialdemokratische Wahlversprechen sind umgesetzt oder auf den Weg gebracht. Das Problem ist, dass es zwei Haken gibt: Zum einen sind die Umfragewerte wie festgefroren, die SPD kommt nicht über 25 Prozent hinaus. Zum anderen hat die sogenannte Edathy-Affäre eine derartige Wucht entfaltet, dass bleibender Schaden für die gesamte Partei droht.

Angefangen hatte diese Vertrauenskrise mit dem Bekanntwerden der Kinderporno-Vorwürfe gegen den SPD-Politiker Sebastian Edathy. Zunächst war dies die Affäre des ehemaligen Vorsitzenden des NSU-Untersuchungsausschusses. Mittlerweile hat sie Kreise gezogen. Seit Donnerstag steht die brisante Frage im Raum, ob Fraktionschef Thomas Oppermann und anderen führenden SPD-Politikern ein politisches Erdbeben droht.

Im Untersuchungsausschuss des Bundestages ging es darum, wer wann welche Informationen über Ermittlungen an Sebastian Edathy herangetragen hat. Dies könnte strafbar gewesen sein. Edathy selbst verneinte lange die Existenz eines möglichen Tippgebers. Irgendwann entschied er sich anders und zeigte auf seinen ehemaligen Fraktionskollegen Michael Hartmann. Im Dezember noch kämpfte dieser bei seiner Befragung im Ausschuss dagegen an – am Donnerstag erklärte er, die Aussage zu verweigern und zu schweigen.

Das Stummschalten ist Hartmanns gutes Recht. Schließlich drohen ihm staatsanwaltliche Ermittlungen wegen des Verdachts der Strafvereitelung. Die möglichen Folgen für die SPD sind schwer abzuschätzen: Zum einen blockiert Hartmann die weitere Aufklärungsarbeit. Seine Glaubwürdigkeit ist beschädigt. Zum anderen ist weiter ungeklärt, ob die Affäre nicht doch bis in die SPD-Spitze hineinreicht.

Klar ist, dass führende Vertreter wie Parteichef Sigmar Gabriel, Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Thomas Oppermann frühzeitig über den Verdacht gegen Edathy informiert waren. Hat auch einer von ihnen Informationen in Richtung Edathy weitergeben? Ein als glaubwürdig eingestufter Zeuge berichtete, wie Hartmann erst ihn und dann Edathy am 15. November 2013 über den Kinderporno-Verdacht informiert hatte. Und darüber, dass die SPD-Spitze bis hin zu Thomas Oppermann im Bilde sei. Der Fraktionschef. Hartmann, der bislang auch dementiert, schweigt nun.

Nun aber könnte Hartmann seinen Fraktionschef in große Probleme stürzen – wenn er denn seine bisherigen Aussagen korrigieren und Edathy in zentralen Punkten doch zustimmen würde. Der Koalitionspartner Union ist verärgert über Hartmann. Grüne und Linke mahnen die SPD-Fraktion zum Handeln, sie fordern, dass Hartmann sein Mandat aufgibt. Nach Informationen der dpa lehnt er dies jedoch ab.