Abgeordneter Michael Hartmann bisher wenig glaubwürdig

Berlin. Vier Stunden lang hatte der Untersuchungsausschuss am Donnerstagabend Sebastian Edathy vernommen, als der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete abermals seine Wahrheitstreue beschwor: „Was soll ich für einen Grund haben, mir etwas auszudenken?“ Gegen 23 Uhr stellte Edathy diese rhetorische Frage, kurz danach endete der öffentliche Teil der Sitzung.

Nach den Auftritten von Edathy und dem früheren BKA-Präsidenten Jörg Ziercke richten sich nun viele Blicke erneut auf den SPD-Bundestagabgeordneten Michael Hartmann. Der hatte während seiner ersten Vernehmung durch den Ausschuss im Dezember 2014 offenbar falsch ausgesagt, indem er behauptete, Ziercke habe an der Feier zu seinem 50. Geburtstag teilgenommen. Ziercke dementierte dies am Donnerstag, und die Ausschussvorsitzende Eva Högl (SPD), damals Geburtstagsgast Hartmanns, fügte – anders als während der Sitzung im Dezember – hinzu, sie habe den früheren BKA-Präsidenten bei der Feier nicht gesehen.

Doch Hartmann gerät vor allem in Bedrängnis durch die weitgehend plausiblen Aussagen Zierckes und mindestens eine gewisse Glaubwürdigkeit Edathys. Ziercke will Edathy nicht gewarnt haben. Edathy will von Hartmann indes über die Ermittlungen wegen seines Besitzes von Kinderpornografie informiert worden sein; Hartmann soll dabei mehrfach Ziercke als Quelle genannt haben. Sollte Edathy womöglich von Hartmann stets ins Bild gesetzt worden sein, mit der Variante, dass dieser sich dabei zu Unrecht auf Ziercke bezog, sich womöglich mit diesem Namen wichtig gab? Die Behauptung des rheinland-pfälzischen SPD-Bundestagsabgeordneten, er habe ausgerechnet das Krypto-Handy, mit dem er zu Edathy Kontakt hielt, verloren, wird ohnehin angezweifelt. Die SPD freilich setzt auf die Glaubwürdigkeit Hartmanns, gehört dieser doch – anders als Edathy – nach wie vor ihrer Fraktion an. Einen neuen Skandalfall wollen die Sozialdemokraten vermeiden; das gilt zumal für jene in Hartmanns Heimat, wo 2016 der Landtag neu gewählt wird. Auch deshalb schießt sich die SPD so konsequent auf Edathy ein.

Der trat während seiner Vernehmung souverän auf und antwortete auf Fragen präzise. Mehrfach bekräftigte Edathy seine Darstellung, Hartmann habe ihn über die Ermittlungen gegen ihn „sporadisch informiert. Er wollte mir helfen“. Dieser streitet aber ab, Edathy informiert zu haben. „Michael Hartmann hat Sie angelogen“, rief Edathy den Ausschussmitgliedern zu. Hartmann bestreite doch gar nicht, zwischen dem 15. November 2013 (Auffliegen des Kinderpornorings in Kanada) und Anfang Februar 2014 (Mandatsverzicht) einen intensiven Kontakt mit ihm gepflegt zu haben, sagte Edathy: „Wir standen gut zweieinhalb Monate in intensivem Kontakt.“

Heftig ging Edathy erneut SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann an. Er bezweifle dessen „charakterliche Eignung als Berufspolitiker“. Dieser sei ein „rücksichtsloser Opportunist“, „profilierungssüchtig und extrem eitel“. Edathys Fazit: „Ich kenne niemanden, der Herrn Oppermann mag.“ Ein Raunen ging durch den Saal, als Edathy Hartmanns Worte über seinen Alkoholkonsum kommentierte mit dem Hinweis, dieser trinke viel mehr als er. „Wenn sporadisch starker Alkoholkonsum zu Unglaubwürdigkeit führt“, fügte Edathy hinzu, „dann dürfte das Vertrauen des halben Bundestages in den Keller sinken.“