Im Internet rufen Islamisten zu Anschlägen in ganz Europa auf. Ein neues Ziel: Deutschland

Berlin. Das Bundeskriminalamt (BKA) ist besorgt über die Sympathiebekundungen von Islamisten für die Attentäter von Paris. Der Grund: Im Internet werden die Attentate der Kouachi-Brüder und Amedy Coulibalys zunehmend bejubelt. Das BKA registriert auch offene Aufrufe zu Terroranschlägen – unter anderem in Deutschland. In einem geheimen Lagebild der Wiesbadener Behörde („VS – Nur für den Dienstgebrauch"), heißt es: „Der Anschlag kann allerdings auch als Initial für in Deutschland lebende/aufhältige und tatgeneigte Personen wirken.“ Allerdings würden den deutschen Sicherheitsbehörden „konkretisierende Erkenntnisse oder Hinweise“ derzeit nicht vorliegen.

Seit einigen Tagen verzeichnet das BKA besorgniserregende Äußerungen im Internet. Sowohl auf einschlägigen deutschen Seiten als auch in arabischsprachigen Foren würden „der Anschlag auf das Redaktionsbüro des Satiremagazins ,Charlie Hebdo‘ begrüßt oder gerechtfertigt sowie die Attentäter beglückwünscht“. Zudem gebe es beim Kurznachrichtendienst Twitter den arabischsprachigen Hashtag „Wir haben den Propheten gerächt“.

Ein polizeibekannter Islamist rief laut dem Lagebild am 7. und 8. Januar in deutscher Sprache zu Anschlägen auf. Dabei erklärte er, es reiche aus, wenn gelegentlich Terroranschläge verübt würden. In der EU gebe es noch genug Ziele; Deutschland sei „das nächste Ziel“. Der Extremist konkretisierte am Montag seine Drohung. Er schrieb nun, er hasse die Ungläubigen und werde sie bis zum Tod bekämpfen. Der Mann bezeichnete die bundesweiten Pegida-Demonstrationen als „Schweinemärsche“ und nannte sie als potenzielles Anschlagsziel.

Laut BKA forderte auch der österreichische Dschihadist Mohamed Mahmoud, der sich aktuell in Syrien aufhält, seine Glaubensbrüder über Twitter auf, Attentate in Deutschland und Österreich zu verüben. Die Rede ist vom „Abschlachten“ sogenannter Ungläubiger.

Mit Sorge hatten sich nicht nur Politik und Kirche gefragt, welche Auswirkungen die Pariser Terroranschläge auf die Pegida-Demonstrationen in Deutschland haben würden. Am Montagabend zeigte sich: Das Anti-IslamBündnis und seine Ableger hatten dadurch nur bedingt Zulauf. Vielmehr wuchs der Widerstand gegen die islamkritischen Demonstrationen sprunghaft. In zahlreichen Städten überwog die Zahl der Gegendemonstranten: 19.000 in Hannover, 20.000 in München. In Leipzig protestierten über 35.000 Bürger gegen die erste Kundgebung von „Legida“ (Leipzig gegen die Islamisierung des Abendlands). Unterdessen kamen in Dresden laut Polizeiangaben knapp 25.000 Teilnehmer zum zwölften Pegida-Marsch, 7000 mehr als in der Vorwoche. Ihnen standen 8700 Gegendemonstranten gegenüber.

Die Führung von Pegida strebt indes einen fundamentalen Strategieschwenk an. Zum ersten Mal richtete am Montag Lutz Bachmann, der zum Organisationsteam gehört, sechs konkrete Forderungen an die Bundespolitik. Unter anderem wird ein Zuwanderungsgesetz und die konsequente Ausweisung von Islamisten gefordert, die in den Heiligen Krieg ziehen, aber auch ein Ende der „Kriegstreiberei gegen Russland“. „Das ist ein Entgegenkommen von uns, Frau Merkel“, behauptete der 41-jährige Bachmann, auch wenn er zuvor die Neujahrsansprachen der Bundeskanzlerin und von Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) als „unter aller Sau“ eingestuft hatte.