Berlin. Weil immer mehr Computerfestplatten, USB-Sticks, DVDs und Handys für Strafverfahren ausgewertet werden müssen, können Deutschlands Staatsanwälte die Fristen zur Beweisaufnahme oft nicht mehr einhalten und Prozesse drohen zu platzen. Das berichtet der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) unter Berufung auf ein internes Schreiben, das die Generalstaatsanwälte nach einem Treffen im sächsischen Görlitz verfasst haben. Auch sei die Zahl der DNA-Proben dramatisch gestiegen.

In dem Papier heißt es, die kriminaltechnischen Institute der Landeskriminalämter seien überlastet. Besonders schwierig seien die Zustände demnach in Sachsen, Hessen, Niedersachsen, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen. Es fehle an Personal und leistungsfähiger Technik, um mit den Tätern mithalten zu können. Der MDR zitiert einen Ermittler, der die Zustände drastisch beschreibt: „Das Wasser steht nicht mehr nur bis zur Oberkante, sondern schon längst einen Meter drüber.“

Die Auswertung der Daten kann oft mehr als neun Monate dauern. Neun Monate aber beträgt genau die Frist, in der Beweismaterial bearbeitet sein muss. In dem Schreiben heißt es dazu: „Ergebnisse der Komplexspuren liegen oft so spät vor, dass sie in Haftsachen und selbst bei Tötungsdelikten dem zuständigen Gericht erst nach Anklageerhebung eingereicht werden können.“

Angesichts der Datenflut sind Staatsanwaltschaften inzwischen dazu übergegangen, nur noch möglichst schnell solche Beweise auszuwerten, die den eigentlichen Verdacht untermauern. Hinweisen, die auf weitere Straftaten hindeuten, wird gar nicht mehr nachgegangen. Um die kriminaltechnischen Institute zu entlasten, werden laut MDR immer öfter auch private Institute beauftragt, Gutachten zu erstellen. Diese seien aber in mehreren Fällen vor Gericht nicht anerkannt worden. Problematisch seien vor allem Strafverfahren im Zusammenhang mit Kinderpornografie. Geben Staatsanwälte entsprechendes Beweismaterial an private Gutachter weiter, wird dies als Verbreitung gewertet – und das ist strafbar.