Landwirtschaftsminister Schmidt heizt Streit um Freihandelsabkommen an

Berlin. Zu der Angst vor dem Chlorhühnchen aus den USA gesellt sich nun die Sorge vor der Rostbratwurst aus Kentucky: In Deutschland wird abermals über die Folgen des geplanten Freihandelsabkommens TTIP zwischen der EU und den USA diskutiert. Hintergrund sind Äußerungen von Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU), wonach Hersteller regionaler Produkte ihre Privilegien verlieren könnten.

„Die Vorstellung, dass Tiroler Speck oder Harzer Roller künftig aus Texas zu uns importiert werden, ist absolut grotesk“, sagte der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, der „Passauer Neuen Presse“. Verbraucherschützer kritisieren, dass die Herkunft von Lebensmitteln schon heute nicht gut gekennzeichnet sei. Nach Ansicht Hofreiters räumt die Bundesregierung nun Schritt für Schritt ein, dass mit TTIP die Lebensmittelstandards in Deutschland und Europa gesenkt werden. Der Vize-Fraktionschef der Linken, Klaus Ernst, monierte: „Die Liste der Zugeständnisse an die USA wird immer länger.“

Schmidt hatte dem „Spiegel“ mit Blick auf TTIP gesagt, um Chancen eines freien Handels mit dem amerikanischen Markt zu nutzen, „können wir nicht mehr jede Wurst und jeden Käse als Spezialität schützen“. Im Bayerischen Rundfunk (BR) ruderte Schmidt teils zurück. Er sei missverstanden worden und werde sich weiter für den Schutz regionaler Lebensmittel durch die EU einsetzen. Ein Sprecher des Ministers bekräftigte: Die hohen Standards in Europa seien nicht verhandelbar. Allerdings gebe es innerhalb der EU mehr als 2000 Siegel und andere regionale Kennzeichnungen. Nun müsse es darum gehen, Missbrauch und Missverständnisse zu verhindern oder einzudämmen. Für den Schutz regionaler Produkte sprach sich die deutsche Lebensmittelwirtschaft aus. „Wir wollen keine Original Nürnberger Rostbratwürstchen aus Kentucky“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Spitzenverbände der Lebensmittelwirtschaft, Christoph Minhoff, der „Bild“-Zeitung.

Zustimmung bekam der Minister vom Milchindustrieverband. „Der übermäßige Schutz in der EU ist ein bürokratischer Popanz und Protektionismus“, betonte Hauptgeschäftsführer Eckhard Heuser in der „Bild“. Ähnlich äußerte sich der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks. „Ein gewisser Schutz für echte Spezialitäten ist gut, zum Beispiel beim Dresdner Stollen“, betonte Verbandspräsident Peter Becker. „Aber nicht jede Wurst, nicht jeder Käse und auch nicht jede Brotsorte sollte geschützt werden.“