Interesse könnte den Eurofightern der Bundeswehr gelten, die in Estland stationiert sind

Berlin. Die Bundeswehr gerät bei ihren Auslandseinsätzen ins Visier von Spionen. Unbekannte haben versucht, Soldaten der Luftwaffe in Estland auszukundschaften. Dabei drangen die Spione in die Zimmer eines Hotels im Zentrum der Hauptstadt Tallinn ein, in dem Bundeswehrangehörige derzeit untergebracht sind. Angesichts ähnlicher Vorkommnisse in Estland liegt der Verdacht nahe, dass es sich um russische Spione handelt. „Russlands Geheimdiensttätigkeit hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen“, bestätigen estnische Regierungskreise.

Die deutschen Soldaten hatten bei der Rückkehr von ihren Einsätzen auf der Luftwaffenbasis Ämari bemerkt, dass Gegenstände nicht mehr am selben Platz lagen, und das Zimmer wirkte, als sei es durchsucht worden. In einem Fall prüfte die Bundeswehr, ob der Computer eines Soldaten manipuliert worden war. Die Vorfälle ereigneten sich vor mehreren Wochen. Die Bundeswehr führt im Auftrag der Nato seit Anfang September die Luftraumüberwachung in dem baltischen Land durch, als Reaktion auf die Ukraine-Krise und zunehmende russische Manöver über der Ostsee. Der Einsatz der 150 Männer und Frauen geht bis Jahresende.

Dem Bundesverteidigungsministerium liegt derzeit kein abschließender Erfahrungsbericht vor. Deshalb seien vom laufenden Einsatz noch keine Vorkommnisse gemeldet worden, heißt es in Berlin. Allerdings habe es vergleichbare Vorfälle bereits bei früheren Air-Policing-Einsätzen im Baltikum gegeben. Damals war der Spionageverdacht derart massiv, dass auf Staatssekretärsebene politische Gespräche mit den Esten geführt wurden. Die estnische Seite teilte auf Anfrage mit, man kommentiere „mögliche Sicherheitsvorfälle“ nicht. Die Nato führt die Luftraumüberwachung im Baltikum bereits seit 2004 durch, die Bundeswehr ist zum sechsten Mal beteiligt. Estland verfügt über keine eigene Luftwaffe. Während die deutsche Mission früher mit der F-4F Phantom wahrgenommen wurde, ist nun erstmals der Eurofighter im Einsatz. Das könnte der Grund für das Interesse russischer Spione sein.

Die Luftwaffenbasis in Ämari ist wie alle militärischen Einrichtungen streng abgeschirmt, die Militärangehörigen für mögliche Unterwanderung hoch sensibilisiert. In den vergangenen Wochen wurden besonders viele Einsätze geflogen, weil sich die Zahl russischer Manöver in der Region nach Nato-Angaben mehr als verdreifacht hat. Bis zu 30 Flugzeuge, darunter mit Atomwaffen bestückbare Tupolew-Bomber, fangen Nato-Kräfte derzeit täglich ab, weil die Russen ihre Transponder ausschalten und sich deshalb nicht identifizieren lassen. Auf estnischem Boden sieht es nicht besser aus. Seit dem Ausscheiden der Baltenrepublik aus der Sowjetunion 1991 versucht Moskau, Estland mit seinen Agenten massiv zu unterwandern.