Altkanzler Schröder bestärkt Widerstand gegen Anti-Islam-Demonstrationen in Dresden. 12.000 Menschen setzen Zeichen in München

München/Dresden. Der sichtbare Protest gegen die islamfeindliche Pegida-Bewegung in Deutschland wächst: Am Montagabend gingen in München laut Polizei mindestens 12.000 Menschen zu einer friedlichen Demonstration gegen die selbst ernannten „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ auf die Straße, in Dresden protestierten 4500 Menschen, in Bonn 2500, in Kassel 2000 Menschen. „Diese Demonstration heute Abend zeigt München von seiner besten Seite: Hier stehen Tausende Menschen gemeinsam auf gegen Rassismus und Ausgrenzung“, sagte der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). „Bei uns ist Platz für Menschen verschiedener Hautfarbe, Herkunft oder Muttersprache.“

Auch andere prominente Politiker bestärken den wachsenden Protest vieler Bürger gegen die Anti-Islam-Demonstrationen in Dresden. SPD-Altkanzler Gerhard Schröder hat einen „Aufstand der Anständigen“ gefordert. Unter diesem Schlagwort hatte der damalige Kanzler nach einem Brandanschlag auf eine Düsseldorfer Synagoge im Jahr 2000 zum Protest gegen rechts aufgerufen. „In Berlin haben damals 200.000 Menschen gegen Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus protestiert, und selbstverständlich sind Bundespräsident und Bundeskanzler vorneweg marschiert. So eine öffentliche Reaktion brauchen wir auch jetzt“, sagte Schröder im Magazin „Couragiert“. Es sei großartig, dass so viele Menschen in Dresden und anderswo „gegen diesen kruden Haufen, der sich Pegida nennt, auf die Straße gehen“. Aber die Pegida-Gegner bräuchten noch mehr Unterstützung. Nach Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) plädierte auch Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) dafür, sich argumentativ auseinanderzusetzen. „Ausgrenzung hilft hier nicht weiter, das stärkt solche Bewegungen nur“, sagte er der „Bild“-Zeitung. Es sei Aufgabe der Politik, den Demonstranten klarzumachen, dass es sich bei Asylsuchenden nicht um Fanatiker und Wirtschaftsflüchtlinge handele, sondern um gefolterte, traumatisierte Kriegsopfer.

Sozialforscher sehen bei Teilnehmern der Pegida Angst vor Abstieg

Das Pegida-Bündnis ruft seit Wochen regelmäßig zu Kundgebungen auf und wendet sich unter anderem gegen eine angebliche Überfremdung Deutschlands. Die Anhänger fordern ein schärferes Asylgesetz. Teile dieser Bewegung rechnen Experten dem rechtsextremen Spektrum zu. Auf den vergangenen Kundgebungen äußerten einzelne Teilnehmer gegenüber Journalisten fremdenfeindliche und antiislamische Parolen. Genährt wird die Bewegung nach Ansicht von Sozialforschern von einer diffusen Angst der Demonstranten vor sozialem Abstieg. Nach Polizeiangaben blieb zunächst alles friedlich. Am vergangenen Montag hatten sich trotz bundesweiter Kritik rund 15.000 Menschen an der Demonstration in Dresden beteiligt. Und Pegida verbucht in Dresden weiter Zulauf. Bei ihrer zehnten Demonstration gestern mobilisierten die „Patrioten“ nach Angaben der Polizei rund 17.500 Menschen. An der Bogida-Kundgebung des Bonner Pegida-Ablegers beteiligten sich dagegen nur rund 200 Menschen.

Zu der größten Gegendemonstration in München hatte ein Bündnis aus Parteien, kirchlichen Gruppen, Künstlern und Flüchtlingsorganisationen aufgerufen. Bereits zu Beginn spielten Ensemblemitglieder von Staatsoper und Philharmonikern Beethovens Ode an die Freude, die Hymne der Europäischen Union. Hubert Heinhold von der Organisation Pro Asly sagte: „Die Sprücheklopfer von Dresden nehmen für sich in Anspruch, für das Volk zu sprechen – aber das ist falsch!“ An einem anderen Platz in München hatten sich 20 Pegida-Anhänger versammelt. Ihnen standen rund 200 Gegner gegenüber.