CSU-Chef hat die Bundestagswahl 2017 im Blick. Bayern als „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“

Nürnberg. „Historisches“ will CSU-Chef Horst Seehofer 2017 schaffen – und meint damit im Bundestag die absolute Mehrheit für CDU und CSU. Lokomotive dafür soll CDU-Chefin Angela Merkel sein. Vor dieser macht Seehofer auf dem CSU-Parteitag in Nürnberg eine Vielzahl verbaler Kniefälle – zum Ärger mancher in der CSU. Von „unserer erstklassigen Kanzlerin“ spricht Seehofer und schwärmt von ihrer „natürlichen Autorität“.

Doch in der CSU gefällt dieser Kurs nicht allen. Die Christsozialen drohten zum „folkloristischen Anhängsel“ der CDU zu verkommen, raunt einer am Rande des Parteitags. Nur Kleinkram wie die Pkw-Maut komme von der CSU – dass aber die Welt mit ihren Konflikten brennt und welche Antworten die CSU darauf gebe, dazu sei nichts zu hören. Hinter vorgehaltener Hand kommt die Kritik. Natürlich, denn in der CSU haben sie sich die offenen Widerworte unter Seehofer mit wenigen Ausnahmen abgewöhnt. Dessen rigorose Personalpolitik wie etwa die Ablösung von CSU-Vize Peter Ramsauer als Bundesverkehrsminister verstärkte dies.

Für manch einen ist das ein Teil der Handschrift Seehofers. Doch dies meint Seehofer nicht, als er seine „persönliche Handschrift“ als Grund für die CSU-Erfolge mit der Rückeroberung der absoluten Mehrheit in Bayern vor einem Jahr hervorhebt. Außer Merkel lobt Seehofer vor allem seine eigene Leistung. Er habe Steuererhöhungen in der Großen Koalition verhindert, die Mütterrente und das Betreuungsgeld gegen Widerstand durchgesetzt. „Wort halten ist Vertrauen schaffen“, sagt Seehofer. Und Vertrauen sei „die wichtigste Währung“ in der Politik.

Dies gilt auch innerhalb einer Partei. Und vor diesem Hintergrund lässt es sich wohl erklären, dass Seehofer in Nürnberg das ganz große Rad dreht. Da er seinen Rückzug in den Ruhestand für das Jahr 2018 angekündigt hat, könnte er ohne Vertrauen seiner Parteifreunde zur politisch „lahmen Ente“ werden und müsste seinen Sturz fürchten.

Neben dem selbstbewussten Ziel der absoluten Mehrheit im Bund trägt Seehofer auch für Bayern entsprechend dick auf. Nachdem Bayern schon die niedrigste Arbeitslosenzahl hat und in seinem Haushalt Schulden abbaut, heißt es bei ihm nun: „Mein Ziel ist, dass wir Bayern in den nächsten Jahren zum Land der unbegrenzten Möglichkeiten entwickeln.“ Über mehr Anstrengungen in der Bildungspolitik, über das Schaffen gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen bayerischen Landstrichen und die Digitalisierung des Freistaats will der CSU-Chef dieses Verheißungsland schaffen. Das hört sich super an – doch es blendet aus, dass die CSU mit wachsenden parteiinternen Querelen um eine Lösung für die Energiewende ringt und die Zukunft der Gymnasien für Verunsicherung sorgt.

Und in Nürnberg zeigte sich auch, dass Seehofer ein Problem mit einer Personalie hat: Sein Generalsekretär Andreas Scheuer schwächelt. Nach dem in seiner Verantwortung liegenden Desaster mit dem Leitantrag zu einer Deutschpflicht für Migranten verärgerte Scheuer seine Parteifreunde ein zweites Mal. Kurz nachdem der Parteitag eine von Scheuer ausgearbeitete Parteireform verabschiedete, ließ die Regie die Beratung über weitere Anträge abbrechen. Damit verprellte Scheuer etwa die Frauen-Union, die einen Antrag für die Ausgabe kostenloser Verhütungsmittel an bedürftige Frauen durchsetzen wollte.

Und der Generalsekretär gab der Partei das Gefühl, sie für dumm zu verkaufen: Denn Scheuer begründete das vorzeitige Ende der Debatte mit Zeitdruck – und beendete den Parteitag dann eineinviertel Stunden früher als angekündigt.