Berlin. In der CDU mehren sich die Stimmen für eine schnellere Reform der kalten Progression in der Einkommenssteuer. Wenn das Bundesfinanzministerium in seinem Progressionsbericht darauf verweise, dass der Entlastungseffekt für Bürger niedrig sei, bestätige dies nur, dass dann eine Reform schneller möglich sei. „Dann sollten wir es auf 2016 vorziehen“, sagte der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Michael Fuchs am Freitag. Der Chef der Jungen Union, Paul Ziemiak, forderte gar eine sofortige Umsetzung. „Wenn die Beendigung dieser schleichenden Enteignung der Fleißigen so geringe Auswirkungen auf den Bundeshaushalt hat, wie das Bundesfinanzministerium sagt, sehe ich keinen Grund, mit der Abschaffung der kalten Progression nicht sofort zu beginnen.“

Als kalte Progression oder schleichende Steuererhöhung wird der Effekt bezeichnet, dass die durchschnittliche Steuerbelastung eines Arbeitnehmers auch dann steigt, wenn sein Bruttolohn lediglich in Höhe seines Kaufkraftverlustes zulegt: Unter Berücksichtigung der Inflation hat er nicht mehr zur Verfügung, rutscht aber dennoch in eine höhere Steuerbelastung. Nach Berechnungen des Finanzministeriums tritt die kalte Progression 2014 nicht auf und bleibt auch 2015 und 2016 gering.

Auch das neue CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn sagte: „Wenn es sich am Ende nur um kleine Summen handelt, desto besser. Dann können wir das 2017 ja locker finanzieren.“ Der Vorsitzende der Unions-Mittelstandsvereinigung, Carsten Linnemann, wies das Argument von Finanzminister Wolfgang Schäuble zurück, eine Entlastung bringe Arbeitnehmern wenig. „Die kalte Progression ist kein einmaliges Phänomen, sondern ein grundlegender Fehler im Steuersystem. Daher reicht ein Jahresvergleich nicht aus“, sagte er. „Die Langzeiteffekte sind entscheidend, und die sind beträchtlich.“

Der CDU-Parteitag hatte sich in dieser Woche für einen Abbau noch in dieser Wahlperiode ausgesprochen. Demnach sollen finanzielle Spielräume erarbeitet werden, um die Bürger in einem ersten Schritt zu entlasten. Als Voraussetzung gelten ein ausgeglichener Etat und der Verzicht auf Steuererhöhungen. Schäuble und Bundeskanzlerin Angela Merkel hatten bis zuletzt gegen eine verbindliche Festlegung auf eine Reform argumentiert, weil man noch keine Klarheit über die Einnahmeentwicklung im Bundeshaushalt habe. Die CDU-Wirtschaftspolitiker halten dieses Argument wegen der geringen Belastungswirkung für den Haushalt nun für hinfällig. Der CSU-Parteitag forderte am Freitag eine Reform der kalten Progression bis 1. Januar 2017.