Bundesweites Entsetzen über „schändliche Tat“ in Mittelfranken. Bayerischer Innenminister besorgt über Hetze

Nürnberg/Köln. Der Brandanschlag auf drei geplante Flüchtlingsunterkünfte im mittelfränkischen Vorra hat bei Landespolitikern und der Bundesregierung Entsetzen ausgelöst. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) verurteilte „diese schändliche Tat“. Sein Innenminister Joachim Herrmann (CSU) kündigte mehr Schutzmaßnahmen für Asylbewerberunterkünfte im Freistaat an.

Die Bundesregierung betonte mit, in Deutschland gebe es für derlei Formen von Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit keinen Raum. Falls sich der Verdacht erhärte und ein fremdenfeindlicher Hintergrund dahinterstecke, dann seien dies abscheuliche Taten, die aufs Schärfste zu verurteilen seien, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz in Berlin.

Mit Blick auf die steigende Zahl von Übergriffen auf Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland sagte Wirtz, dies müsse man mit großer Sorge beobachten. Alle zuständigen Stellen seien aufgefordert, diesen Vorfällen nachzugehen.

In der Nacht zu Freitag hatten in Vorra bei Nürnberg ein ehemaliger Gasthof, ein nahe gelegenes Wohnhaus sowie eine Scheune gebrannt, sie sind nun unbewohnbar. In die Gebäude sollten in der kommenden Woche Asylbewerber einziehen. Die Polizei fand Hakenkreuzschmierereien. Der Staatsschutz ermittelt. Da die Gebäude noch leer standen, wurde bei dem Brand niemand verletzt.

„Braunes Gedankengut hat keinen Platz in unserer freiheitlichen Gesellschaft“, sagte Seehofer nach dem Brandanschlag. „Die Menschen in Bayern lassen sich durch die Provokation, den Hass und die Menschenverachtung, die aus dieser Tat sprechen, nicht beirren.“

Sein Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte im Bayerischen Rundfunk: „Entscheidend wird sein, dass wir auf jeden Fall sicherheitshalber den Schutz anderer Asylbewerbereinrichtungen in Bayern noch verstärken. Es ist ganz offensichtlich Brandstiftung, und diese Hakenkreuzschmierereien lassen den Verdacht zu, dass es sich hier um rechtsradikale Täter handeln könnte.“ Bayern werde alles tun, um die Täter zu identifizieren.

In Bayern sind von 2003 bis 2012 insgesamt 32 Angriffe auf Asylbewerberunterkünfte gezählt worden. Davon konnten nur 13 Fälle aufgeklärt werden. 18 der 32 Straftaten wurden „dem Phänomenbereich Rechts“ zugeordnet und als extremistisch eingestuft. Dies geht aus einer Antwort des bayerischen Innenministeriums vom Februar dieses Jahres auf eine Anfrage der Landtags-Grünen hervor.

Die Innenminister von Bund und Ländern warnten bei ihrer Herbstkonferenz vor einer zunehmenden ausländerfeindlichen Hetze in Deutschland. „Besonders schockierend ist die Hetze gegen Flüchtlinge“, erklärte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz (IMK), Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD), am Freitag in Köln: „Diese Menschen haben sowieso schon alles verloren und brauchen unsere Hilfe.“

Rechtsextremisten und Rechtspopulisten würden ganz gezielt Demonstrationen und Veranstaltungen für ihre Zwecke ausnutzen. Dieses könne bei Plattformen wie dem sogenannten Pegida-Bündnis und seinen Ablegern erschreckend deutlich beobachtet werden. „Wir müssen diese Aufwiegler demaskieren“, forderte Jäger: „Sie schüren ganz bewusst Ängste und Vorurteile. Und das auf dem Rücken von rund vier Millionen friedliebenden Muslimen.“

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) erklärte, es sei spürbar, „dass das innenpolitische Klima im Lande rauer wird“. Viele Bürger empfänden Sorgen „vor den Herausforderungen unserer Zeit“: „Wir nehmen Sorgen der Bürger ernst, weisen aber Versuche zurück, dass Rechtsextreme und andere dubiose Figuren diese zu kapern versuchen.“

Jäger betonte, die Innenminister wollten über Partei- und Ländergrenzen hinweg ein klares Signal senden: „Wir wollen ein friedliches Zusammenleben aller Menschen – egal welcher Hautfarbe und Religion.“ Dabei sei es wichtig, den Unterschied zwischen fehlgeleiteten Fanatikern und einer Religion klar herauszustellen. Auch diejenigen sollen überzeugt werden, die heute unzufrieden und enttäuscht seien: „Wir nehmen ihre Sorgen ernst. Wir dürfen nicht zulassen, dass diffuse Ängste Menschen in die Fänge rechter Agitatoren treiben. Wir stellen uns dieser Herausforderung.“

Als ein ebenso gefährliches Sammelbecken bewerteten die Innenminister die Gruppierung „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa). Hier hätten sich Hooligans, Rechtsextremisten und kriminelle Schläger zu einer besonders gewaltbereiten Formation zusammengefunden. „Sie missbrauchen ein politisches Thema, um ihren Hass auszuleben. Das kann und wird eine wehrhafte Demokratie nicht hinnehmen“, erklärte Jäger. Dem IMK-Vorsitzenden zufolge beschlossen die Minister, weitere Erkenntnisse über HoGeSa sammeln zu lassen.

Zudem beschlossen die Minister eine bundesweite Rahmenkonzeption für Präventionsnetzwerke gegen gewaltbereiten Salafismus – mit dem Ziel, das Abgleiten vor allem junger Menschen in die salafistische Szene zu verhindern. Das Konzept sieht vor, in den Ländern Koordinierungsstellen aufzubauen, die Verbindungen etwa zu Schulen, Jugend- und Sozialämtern sowie Imamen schaffen. „Diese können gefährdeten Jugendlichen einen Rettungsanker bieten“, sagte Jäger.