Die Linke-Politikerin Petra Pau wird bedroht, weil sie sich für ein Flüchtlingsheim einsetzt

Berlin. Petra Pau ist einiges gewohnt. Als langjährige Berliner Vorsitzende der PDS hat sie öfter Drohungen erhalten. Aber was die 51-Jährige, die seit 2006 Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags ist, in den vergangenen zwei Wochen erlebt hat, übertrifft die bisherigen Erfahrungen. Weil sie sich in ihrem Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf für eine umstrittene Flüchtlingsunterkunft engagiert, wird sie auf einer von Rechten betriebenen Plattform bei Facebook massiv beschimpft und bedroht. Inzwischen ist auch die Polizei eingeschaltet. „Ich nehme das ernst“, sagte Pau. „Aber ich lasse mich auch nicht einschüchtern.“

Seit über einem Jahr gibt es Streit um das Flüchtlingsheim in Hellersdorf, das im Herbst 2013 in einer verwaisten Schule eingerichtet wurde. Die NPD und andere rechte Organisationen nutzen die Ängste der Anwohner, um in regelmäßigen Demonstrationen gegen die Bewohner Stimmung zu machen. Im Zentrum der Proteste steht eine „Bürgerinitiative“, die auf Facebook ein eigenes Forum betreibt. Dort wird gegen alle Kritiker mit rassistischen und beleidigenden Kommentaren gehetzt.

Auslöser für die jüngsten Drohungen gegen Pau war ihr Auftritt in einer ZDF-Sendung. Dort hatte Pau die Organisatoren der Demonstrationen als „braune Rattenfänger“ bezeichnet. Auf der Facebook-Seite der „Bürgerinitiative“ wurde dies mit den Worten aufgegriffen, die Politikerin habe die Demonstranten als „braune Ratten“ bezeichnet. Prompt setzten die Schmähungen ein. Pau sei „Abschaum“ und gehöre erschossen oder „an einem Baum im Tiergarten aufgeknüpft“. Eine Kommentatorin veröffentlichte Paus Privatadresse. Diese ist inzwischen wieder gelöscht. Doch es hat mehr als 40 Mord- und Gewaltdrohungen gegen die Stellvertreterin von Bundestagspräsident Norbert Lammert gegeben.

Für Pau hat die Hetze eine neue Dimension. „Es geht hier nicht um meine Person, sondern um eine hochgefährliche Entwicklung, die sich auch in Bewegungen wie der HoGeSa oder Pegida widerspiegelt“, sagte sie. Eine Anfrage ihrer Fraktion im Bundestag hat gezeigt, dass es bundesweit in den ersten drei Quartalen 2014 durchschnittlich eine Straftat pro Tag gegen Flüchtlinge oder Flüchtlingsunterkünfte gab: „Es ist zu befürchten, dass die Zahl noch steigen wird“, sagt Pau. Sie habe das Gefühl, dass die Behörden das Problem nicht ernst nehmen würden. Die Polizei erkenne rassistische Übergriffe häufig nicht, sondern ordne sie als Auseinandersetzung zwischen rechten und linken Kräften ein.