Kreshnik B. aus Hessen war Kämpfer der Terrormiliz IS, kam freiwillig zurück. Nun muss er für 45 Monate ins Gefängnis

Frankfurt am Main. Im ersten Prozess gegen einen Kämpfer der Extremistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) in Deutschland ist eine Haftstrafe verhängt worden. Das Frankfurter Oberlandesgericht verurteilte den aus Hessen stammenden Kreshnik B. am Freitag zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und neun Monaten. Richter Thomas Sagebiel sah es als erwiesen an, dass sich der aus Syrien nach Deutschland zurückgekehrte 20-Jährige wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland strafbar gemacht hat. Das Gericht blieb mit seinem Urteil unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Sie hatte vier Jahre und drei Monate beantragt.

Der Staatsschutzsenat, die Bundesanwaltschaft und die Verteidigung hatten sich vor Prozessbeginn auf eine Strafe zwischen dreieinviertel und viereinviertel Jahren geeinigt. Voraussetzung dafür war, dass der Angeklagte umfassend aussagt. In dem Prozess räumte Kreshnik B. ein, dass er zwei Treueeide auf den IS geschworen hatte und am Sturmgewehr ausgebildet wurde. Er sei auch bei zwei Kampfeinsätzen dabei gewesen, habe aber nicht auf Menschen geschossen.

„Der Angeklagte war nicht für seine Einstellung oder Verführbarkeit, sondern für seine Tat zu bestrafen“, betonte der Vorsitzende Richter Sagebiel in seiner Urteilsbegründung. Er sehe auch weiterhin die Gefahr, dass sich Kreshnik B. von Hasspredigern verführen lasse. Mit Sorge führte Sagebiel in diesem Zusammenhang eine Äußerung des Angeklagten während der Verhandlung an. Dieser hatte auf die Frage, ob Enthaupten gut seien, geantwortet, es komme auf die Sünde an. Er hoffe aber, dass sich seine Einstellung unter dem erzieherischen Einfluss der Jugendstrafe ändere.

Der Angeklagte wirkte äußerlich entspannt, als er am Morgen den Gerichtssaal betrat. Das Urteil nahm Kreshnik B. ohne sichtbare Emotionen auf – er blickte auf seine Hände, als das Strafmaß verlesen wurde. Die Staatsanwaltschaft hatte ihm vorgeworfen, von Juli bis Dezember 2013 in Syrien für den IS gekämpft zu haben. Kreshnik B. wurde als Sohn kosovarischer Eltern in Deutschland geboren. Es ist das erste Mal, dass sich ein IS-Kämpfer, der von Syrien nach Deutschland zurückkehrte, vor Gericht verantworten musste.

In seiner Urteilsbegründung wies Richter Sagebiel auf die besondere Gefährlichkeit des IS als terroristische Organisation hin. Nicht nur Bodenkämpfe, sondern auch Sprengstoffanschläge und Enthauptungen prägten das Vorgehen des IS, der für sein Ziel der Errichtung eines Gottesstaates zivile Opfer in Kauf nehme. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Kreshnik im Alter von 19 Jahren im Juli 2013 mit sechs Bekannten nach Syrien gereist war. Der gläubige Moslem habe seinen „islamischen Brüdern“ im bewaffneten Kampf gegen das Assad-Regime helfen und zum Aufbau eines islamischen „Gottesstaates“ beitragen wollen, in dem die Scharia gilt.

Sagebiel zählte auf, dass Kreshnik B. nach seiner Einreise in Syrien einen Treueeid auf die IS-Führung abgelegt und eine militärische Ausbildung absolviert habe. In Aleppo habe er zu einer Einheit mit IS-Kämpfern aus Europa gehört. Kreshnik B. habe an bewaffneten Kämpfen teilgenommen – allerdings in den hinteren Reihen.

Er wirkte auch an einer Propagandaveranstaltung mit, die darauf abzielte, bei der syrischen Bevölkerung um Unterstützung für den IS zu werben. Im November 2013 habe er einen weiteren Treueeid auf die IS-Führung geschworen. Danach habe er sich – auch auf Drängen seiner Familie – vom IS getrennt. Kreshnik B. wurde bei seiner Rückkehr im Dezember 2013 am Frankfurter Flughafen verhaftet.

Für den Angeklagten spreche, dass er sich vom IS gelöst habe und freiwillig nach Deutschland zurückgekehrt sei, erklärte das Gericht. Außerdem habe er ein Geständnis abgelegt und sich kooperativ verhalten. Bei seiner Tat sei er mit 19 Jahren von seiner sittlichen und geistigen Reife her noch ein Jugendlicher gewesen. Eine Jugendstrafe sei daher angemessen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Kreshnik B. bleibt aber wegen Fluchtgefahr in U-Haft (Aktenzeichen: 5-2StE 5/14 -3-1/14).

Das Bundesamt für Verfassungsschutz geht aktuell davon aus, dass etwa 550 Islamisten aus Deutschland in das Kampfgebiet in Syrien und dem Irak gereist sind. Mindestens 60 von ihnen sollen dort umgekommen sein – davon neun bei Selbstmordanschlägen. Nach den Worten von Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen sind inzwischen rund 180 Kämpfer wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Sie gelten als großes Sicherheitsrisiko, da sie an Waffen und Sprengstoff ausgebildet sind und Anschläge in Deutschland verüben könnten.

Ebenfalls am Freitag hat das Land Bremen erstmals in Deutschland einen Unterstützerverein der Terrormiliz verboten. Dabei handele es sich um den salafistischen Kultur & Familien Verein (KuF) im Bremer Stadtteil Gröpelingen, teilte Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) mit.

Ein großes Polizeiaufgebot durchsuchte am Freitag die Räume des Vereins einschließlich einer Moschee sowie zahlreiche Privatwohnungen. Der Senator wirft dem Verein vor, gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung zu verstoßen. Der Verfassungsschutz beobachtet den KuF seit 2007.