Arbeitnehmer dürfen ab dem kommenden Jahr eine zehntägige Auszeit vom Job nehmen

Berlin. Berufstätige, die sich um die Pflege von Angehörigen kümmern wollen, bekommen ab Januar mehr Unterstützung: Das neue Pflegezeitgesetz ermöglicht Arbeitnehmern eine bis zu zehntägige bezahlte Auszeit vom Job, damit sie bei einem unerwarteten Pflegefall in der Familie das Nötige organisieren können. Zusätzlich gibt es einen Rechtsanspruch auf eine unbezahlte Pflegezeit von bis zu zwei Jahren.

Unmittelbar vor der Abstimmung im Bundestag setzte sich die Union mit der Forderung durch, die zweijährige Familienpflegezeit nur für Arbeitnehmer in Unternehmen mit mehr als 25 Mitarbeitern rechtlich zu garantieren. Wer in einem kleineren Unternehmen arbeitet, ist auf das Wohlwollen des Arbeitgebers angewiesen. Die Union will damit Rücksicht auf die Wirtschaft nehmen: Die Änderung sorge für eine bessere Balance „zwischen einer guten Pflege und der nötigen Erhaltung von Arbeitsplätzen“, sagte CDU-Familienexperte Marcus Weinberg. Die Opposition wirft der Großen Koalition vor, sie sei vor den Arbeitgebern „eingeknickt“: Durch die Rücksichtnahme auf kleinere Betriebe würde mehr als sieben Millionen Beschäftigten der Anspruch auf Familienpflegezeit vorenthalten, rechnet die Linksfraktion vor. Der Rechtsanspruch auf die zweijährige Auszeit hatte ursprünglich für alle Firmen mit mehr als 15 Beschäftigten gelten sollen.

Kurzfristig geändert wurde auch die Regelung zur zehntägigen bezahlten Pflege-Auszeit: Tritt ein unerwarteter Pflegefall in der Familie ein, kann nicht nur einer der Angehörigen die bezahlte zehntägige Jobpause nutzen – es können sich jetzt auch mehrere Angehörige die zehn Tage untereinander aufteilen. So könnte zum Beispiel der Sohn eines Pflegebedürftigen sechs Tage nutzen und dessen Tochter die restlichen vier Tage. Beide bekämen dann pro Tag einen Lohnersatz von bis zu 90 Prozent ihres Nettogehalts aus der Pflegekasse ihres Vaters. Familienministerin Schwesig (SPD) rechnet künftig mit rund 40.000 Nutzern – eingeplante Kosten: 100 Millionen Euro.

Neben der zehntägigen Auszeit und der zweijährigen Familienpflegezeit, bei der Arbeitnehmer ihre Arbeit auf 15 Wochenstunden reduzieren können, gibt es die Möglichkeit, bis zu sechs Monate ganz aus dem Job auszusteigen. Dies gilt bereits für pflegende Angehörige in Unternehmen mit mehr als 15 Mitarbeitern. Um die Lohneinbußen abzufedern, bietet der Staat künftig ein zinsloses Darlehen an, das nach dem Ende der Pflegephase zurückgezahlt werden muss. Die Kosten für Zinsen und Härtefälle, in denen das Geld nicht zurückgezahlt werden kann, schätzt das Ministerium auf 1,3 Millionen Euro im ersten Jahr und bis zu neun Millionen Euro jährlich ab 2018.

Zusätzlich zur Familienpflegezeit kommt auch das Recht auf Sterbebegleitung: Angehörige können künftig maximal drei Monate lang ihre Arbeitszeit reduzieren oder ganz aussteigen, um ein Familienmitglied in den letzten Wochen zu begleiten.