Linke, SPD und Grüne unterzeichnen in Thüringen Koalitionsvertrag

Erfurt. Die erste rot-rot-grüne Koalition in Deutschland ist zur Regierungsübernahme bereit. Fast drei Monate nach der Landtagswahl in Thüringen unterzeichneten Linke, SPD und Grüne am Donnerstag den Koalitionsvertrag. An diesem Freitag soll Bodo Ramelow im Erfurter Landtag zum ersten Ministerpräsidenten der Linken gewählt werden. Er rechnet damit, dass das trotz der knappen Mehrheit von nur einer Stimme für das Dreierbündnis bereits im ersten Wahlgang klappt. „Es wird politisch nichts schiefgehen“, zeigte sich der 58-Jährige überzeugt, der noch am Freitag auch seine Ministerriege berufen will.

Rot-Rot-Grün hat 46 Sitze im Landtag, die bisherige Regierungspartei CDU 34 und die rechtspopulistische AfD elf. Sollte es bei Linken, SPD und Grünen Abweichler geben, wäre das Regierungsprojekt in Gefahr. Noch ist nicht klar, ob die CDU bei der geheimen Wahl des Regierungschefs bei einem zweiten oder dritten Wahlgang einen eigenen Kandidaten ins Rennen schicken wird. Gerechnet wird mit Fraktionschef Mike Mohring. Die bisherige Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht will nicht antreten und auch ihr Amt als Landesvorsitzende der CDU aufgeben. Die SPD hatte seit 2009 mit der CDU regiert, die seit der Wiedervereinigung 1990 die Ministerpräsidenten in Thüringen stellte. Der Landesvorsitzende der SPD, Andreas Bausewein, verwies auf eine breite Mehrheit von 95 Prozent, mit der die SPD den Koalitionsvertrag gebilligt habe. Das Regierungsprogramm sieht unter anderem eine Gebietsreform, ein kostenloses Kita-Jahr und einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor vor. Zudem will Rot-Rot-Grün ohne neue Schulden auskommen. Als eine der ersten Amtshandlungen kündigte Ramelow einen Winterabschiebestopp für Flüchtlinge an.

Grünen-Landessprecher Dieter Lauinger sagte, Rot-Rot-Grün müsse nun den Beweis erbringen, dass eine Koalition mit drei Partnern und einer Stimme Mehrheit eine stabile Regierung bilden könne. In Thüringen könne nicht immer nur die CDU regieren.

SPD-Bundestagsfraktionschef Thomas Oppermann warf der CDU im Umgang mit dem rot-rot-grünen Bündnis schlechten Stil vor. „Ich habe kein Verständnis dafür, dass die CDU in Thüringen heute zusammen mit Rechtspopulisten gegen das Ergebnis demokratischer Wahlen demonstriert“, sagte er mit Blick auf eine in Erfurt geplante Kundgebung gegen Rot-Rot-Grün.

Wie der neueste ARD-Deutschland-Trend zeigt, haben aber nicht nur Gegner von Rot-Rot-Grün in Thüringen Bedenken gegen einen Ministerpräsidenten der Linken. 59 Prozent der Befragten finden, dass die Partei sich noch immer nicht von ihrer SED-Vergangenheit gelöst hat. 30 Prozent sind vom Gegenteil überzeugt. Zwar sind 40 Prozent der Deutschen der Meinung, dass es an der Zeit sei, dass auch die Linke mal einen Ministerpräsidenten stelle. 57 Prozent sind allerdings der gegenteiligen Auffassung.

Auch eine Regierungsbeteiligung der Linken im Bund wird bei den Deutschen kritisch gesehen. 56 Prozent sind dagegen, 40 Prozent sind dafür. Hier unterscheiden sich die Ergebnisse der ost- und westdeutschen Befragten sehr stark. Von den Befragten aus Ostdeutschland fänden 51 Prozent eine Regierungsbeteiligung der Linken auf Bundesebene gut, 44 Prozent fänden dies nicht. Bei den Befragten in Westdeutschland ist das Verhältnis umgekehrt: 36 Prozent fänden eine Regierungsbeteiligung der Linken auf Bundesebene gut. 59 Prozent fänden dies nicht gut.