Paket der Bundesregierung betrifft jeden Deutschen: Das ändert sich für Autofahrer, Mieter und Hausbesitzer

Berlin. Sigmar Gabriel hat schon gedämmt. Sein Haus in Goslar. Der Energieminister und SPD-Chef war mit der Sanierung zufrieden: „Ich hab in der Tat hinterher weniger Energie verbraucht.“ Jetzt sollen viele Hausbesitzer seinem Beispiel folgen. Drei Milliarden Euro will die Regierung künftig für Anreize zur Gebäudesanierung spendieren, um die Klimaschutzziele bis 2020 noch zu schaffen. Zweifel an der Sinnhaftigkeit, Deutschlands Häuser massenhaft in Styropor zu packen, wischt Gabriel zur Seite. Das sei eine „putzige Debatte“. Fakt sei, dass in vielen Häusern „im Winter mehr der Garten als das Wohnzimmer geheizt wird“.

Durch die Initiative für mehr Energie-Effizienz könnten Investitionen von bis zu 80 Milliarden Euro angestoßen werden, heißt es in dem Konzept des Umwelt- und Wirtschaftsministeriums, das das Kabinett am Mittwoch beschloss. Bis 2020 könnten Firmen und Verbraucher so 18 Milliarden Euro Energiekosten vermeiden. Das jetzt verabschiedete Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 sowie der ebenfalls neue Nationale Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE) enthält eine Fülle von Maßnahmen, die direkt oder indirekt fast jeden Deutschen betreffen. Die meisten Regelungen sollen bis Ende 2015 in Kraft sein. Ein Überblick:

Wie hilft das Finanzamt den Bürgern beim Energiesparen?

Wer sich eine neue Heizung, die weniger Gas oder Öl verbraucht, einbaut, soll für eine Einzelbaumaßnahme künftig zehn Prozent seiner Kosten über zehn Jahre von der Steuer absetzen können. Ein Beispiel: Der neue Heizkessel kostet 5000 Euro. Absetzbar in der Steuererklärung sind dann 50 Euro pro Jahr, macht nach zehn Jahren 500 Euro Erstattung beim Finanzamt (variiert je nach Steuerklasse). Saniert ein Haus- oder Wohnungsbesitzer im großen Stil – Heizung, Dämmung, Fenster, Dach – kann er sogar bis zu 25 Prozent der Kosten steuermindernd geltend machen.

Ab wann gilt das?

Das neue CO2-Gebäudesanierungsprogramm soll von Januar 2015 an für fünf Jahre laufen. Aber: Bevor es in Kraft treten kann, muss sich der Bund mit den Ländern über die Kosten in Höhe von etwa einer Milliarde Euro pro Jahr einigen, weil die Steuerausfälle beide Seiten betreffen. Darüber soll am 11. Dezember bei einem Bund-Länder-Gipfel gesprochen werden. Die Regierung strebt bis spätestens Ende Februar eine Lösung an, die rückwirkend zum 1. Januar 2015 gelten soll. Das ist wichtig, weil viele Verbraucher in den nächsten Wochen Aufträge an Handwerker verschieben könnten, bis sie die Details kennen.

Steht der neue Klimaschutzbonus in Konkurrenz zu laufenden Programmen der staatlichen KfW-Bank?

Nein. Es handelt sich um ein zusätzliches Angebot. Der Bund will damit zum Beispiel Immobilienbesitzer ansprechen, die die Aufnahme von Kredite und den damit verbundenen Papierkram scheuen. Gerade ältere Menschen zahlen eine neue Heizung oder das Dach lieber aus eigener Tasche. Sie können dann den Bonus von zehn bis 25 Prozent mit der Steuererklärung geltend machen.

Wird die KfW-Förderung aufgestockt?

Ja. Schon die Vorgängerregierung hatte die Mittel für die Gebäudesanierung von 936 Millionen Euro pro Jahr auf 1,8 Milliarden Euro nahezu verdoppelt. Jetzt soll die Förderung noch einmal auf zwei Milliarden Euro erhöht werden. Maximal gefördert werden von der Staatsbank KfW 50.000 Euro pro Wohneinheit. Neu ist, dass auch Sanierungen von Gewerbegebäuden oder Pflegeheimen unterstützt werden. Die Laufzeit des Kredits beträgt bis zu zehn Jahre bei einem festen Zinssatz für die Gesamtkreditlaufzeit.

Warum will die Regierung im Gegenzug die Absetzbarkeit von Handwerker-Rechnungen kürzen?

Es geht ums Geld. Um die neuen Sanierungsanreize zu finanzieren und die Steuerausfälle bei den Ländern zu begrenzen, sollen nur noch Handwerker-Leistungen oberhalb von 300 Euro von der Steuerschuld abziehbar sein. Das Handwerk kann damit leben, weil kleine Rechnungen für Reparaturen viel Papierkram bedeuten. Auch will die Politik, dass mehr in energiesparende Maßnahmen investiert wird und nicht mehr etwa der Einbau einer Badewanne begünstigt ist. Der Mieterbund kritisiert, dass das Millionen Mieter treffen würde, während Hausbesitzer bei der Gebäudesanierung fein raus seien. Auch die CSU mäkelt: Der Plan könnte wie eine heimliche Steuererhöhung bei den Bürgern ankommen.

Welche Auswirkungen haben die Beschlüsse für den Autoverkehr?

Es soll beispielsweise Gutscheine geben für Spritspar-Trainings beim Kauf eines Neuwagens – um den Kraftstoffverbrauch zu reduzieren. Carsharing soll noch attraktiver gemacht werden. In Städten wie Hamburg ist es bereits der Renner. Um die Zahl der Nutzer zu steigern, sind unter anderem kostenlose Parkplätze geplant. Und um die Zahl der E-Autos deutlich zu erhöhen, könnte es unter anderem Sonderabschreibungen für gewerblich genutzte Elektrofahrzeuge geben. Die Fuhrparks von Bund und Ländern sollen mehr E-Autos bekommen. Die Kommunen sollen mehr Kompetenzen für die Einführung von Geschwindigkeitsbegrenzungen erhalten. Tausende Tonnen CO₂ sollen durch den Rad- und Fußverkehr gespart werden. Es soll künftig mehr Radwege an Bundes- und Bundeswasserstraßen geben. Außerdem soll die Lkw-Maut ausgedehnt werden, auf Fahrzeuge ab 7,5 Tonnen und auf 1100 Kilometer vierstreifige Bundesstraßen sowie auf alle Bundesstraßen ab 2018.

Und was ist mit der Bahn?

Auch soll mehr auf die Bahn gesetzt werden. Der neue Effizienzplan sieht eine „Stärkung des Schienengüterverkehrs durch Investitionen in den Ausbau der Infrastruktur in einem deutlich höheren Umfang als in der Vergangenheit“ vor. Auch der „Verkehrsträger Wasserstraße“ soll mit finanziell gestärkt werden. Außerdem soll durch ein neues Gesetz dafür gesorgt werden, dass die Mitarbeiter von Behörden klimafreundlicher reisen.