Berlin. Die Gewerkschaften sehen den Mindestlohn in Gefahr. Sie warfen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Donnerstag in Berlin vor, die Kontrollen ausgerechnet in den Branchen zu erschweren, in denen sie ihrer Meinung nach am dringendsten benötigt werden. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di und die IG BAU übten scharfe Kritik an zwei Verordnungen aus dem Bundesfinanzministerium.

Wenn sie in Kraft träten, bedeuteten sie „eine weitere Durchlöcherung des Mindestlohns“, sagte der DGB-Chef Reiner Hoffmann. Der Ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske erklärte, die Verordnungen dienten der „Umgehung des Mindestlohns“.

Anfang kommenden Jahres wird der Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde eingeführt. Zuständig für die Kontrollen ist der Zoll. In den Verordnungen, die kommende Woche in Kraft treten sollen, wird geregelt, was überprüft werden soll. Daran entzündet sich die Kritik der Gewerkschaften.

Die Gewerkschaften wenden sich dagegen, dass die Arbeitgeber bestimmter Branchen nicht Beginn und Ende der geleisteten Arbeitszeit festhalten müssen, sondern lediglich die Dauer. Damit sei nicht zu kontrollieren, wie viel jemand pro Stunde verdiene. Die Verordnungen sollen den Angaben zufolge für Zeitungszusteller, die Abfallentsorgung, Straßenreinigung, Winterdienst, Taxiunternehmen und den Gütertransport sowie auf dem Bau gelten.

Falls die Verordnungen in Kraft treten sollten, werde er prüfen lassen, ob rechtlich dagegen vorgegangen werden könnte, sagte Hoffmann. Nur Kontrollen verhinderten den Mindestlohnbetrug, sagte IG-BAU-Chef Robert Feiger. Er forderte eine Aufstockung der Stellen von derzeit 6700 auf 10.000. Nach den Plänen der Regierung sollen bis Ende 2016 etwa 1600 neue Kontrolleursstellen geschaffen werden.