Auf ihrem Parteitag in Hamburg soll nach Wegen zurück an die Macht gesucht werden

Hamburg. Die Grünen haben ihren Richtungsstreit zwischen Bundes- und Länder-Vertretern sowie Linken und Realos vorerst beigelegt. Vertreter beider Seiten und der Flügel einigten sich auf dem Bundesparteitag am Freitag in Hamburg nach teils hitziger Debatte auf ein gemeinsames Strategiepapier. In dem bis kurz vor der Abstimmung am Abend formulierten „Versöhnungsantrag“ „Grüner Aufbruch 2017“ heißt es: „Wir bekräftigen den nach der Bundestagswahl eingeschlagenen Kurs und wollen weiter Fahrt aufnehmen.“ In dem dann mit klarer Mehrheit gebilligten Antrag wird auch die Eigenständigkeit der Partei betont: „Wir sind nicht rot-grün, nicht schwarz-grün, nicht neue FDP, sondern schlicht und einfach grün.“

Vertreter des Realo-Flügels um den hessischen Fraktionschef Mathias Wagner hatten in einem Antrag für den Parteitag gefordert, Lehren aus der verlorenen Bundestagswahl 2013 zu ziehen und sich wieder an der Mitte der Gesellschaft zu orientieren. Dies und die Forderung nach einem Kurswechsel war in Teilen der Partei als Angriff auf die Grünen-Spitze gewertet worden. Daraufhin initiierten prominente Vertreter sowohl des linken als auch des Realo-Flügels einen Gegenantrag. In dieser „Globalalternative“ wurde mehr Geschlossenheit angemahnt und ein Ende der gegenseitigen Attacken. Hintergrund ist auch, dass die Grünen bald an acht Landesregierungen beteiligt sind.

Für Unruhe hatte im Vorfeld der Bundesdelegiertenkonferenz ein Antrag aus Hessen gesorgt, wo die Grünen mit der CDU regieren. In dem Papier erhebt der hessische Fraktionschef Mathias Wagner schwere Vorwürfe gegen den linken Parteiflügel. „Mancher scheint regelrecht Angst davor zu haben, mit den eigenen Positionen in der Partei mehrheitsfähig zu sein“, heißt es in seinem Parteitagsantrag. „Wir müssen endlich die Angst davor verlieren, in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein.“ Diesen Vorstoß hatte auch Fraktionschef Anton Hofreiter kritisiert.

Am Sonntag diskutieren die Delegierten über Außen- und Sicherheitsfragen. Zur Debatte stehen kontroverse Anträge etwa zum militärischen Engagement Deutschlands in internationalen Krisen mit oder ohne Uno-Mandat. Der Konflikt in der Ukraine dürfte ebenfalls eine Rolle spielen. Die Grünen wollen auf dem Parteitag auch ihr Image als Verbotspartei loswerden und sich damit für eine Regierungsbeteiligung im Bund rüsten. „Jetzt geht es darum, auch auf Bundesebene anzumelden, dass die Grünen die Oppositionspartei sind zur Großen Koalition und sich bereit machen, 2017 auch im Bund zu regieren“, sagte Özdemir. Bei der Bundestagswahl 2013 hatte die Partei mit 8,4 Prozent ein enttäuschendes Ergebnis erzielt.

Nach einer Emnid-Umfrage für den Sender N24 wünschen sich viele Deutsche bei den Grünen eine wichtigere politische Rolle vor allem für Realpolitiker: 39 Prozent der Befragten wollten künftig mehr Einfluss für den Stuttgarter Ministerpräsidenten Kretschmann oder für Özdemir (35 Prozent) und für Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt (34 Prozent).