Heinrich Bedford-Strohm ist neuer Ratsvorsitzender – Schwierige Aufgaben

Dresden. Der Mann ist Optimist. Bei den deutschen Protestanten gebe es „überall im Land Aufbrüche“, sagte Heinrich Bedford-Strohm, als er sich am Dienstag in Dresden der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vorstellte. Jene Aufbrüche wolle er mit „Lust und Freude“ mitgestalten. Die Parlamentarier einer Kirche, die heute viele Gründe zum Pessimismus hat, hören solchen Optimismus gern: Mit 106 von 125 abgegebenen Stimmen, wählte die Synode gleich im ersten Wahlgang den bayerischen Landesbischof zum obersten Repräsentanten von 23 Millionen Protestanten.

Der 54-Jährige ist schon der dritte Ratsvorsitzende in der sechsjährigen Amtsperiode der Synode. Zuerst wurde 2009 Margot Käßmann gewählt, trat aber 2010 zurück. Danach versah Nikolaus Schneider den Ratsvorsitz für viereinhalb Jahre, hat ihn aber nun niedergelegt, weil er sich seiner krebskranken Frau Anne widmen will.

Als Schneiders Nachfolger aber ist Bedford-Strohm nur für ein Jahr gewählt, weil 2015 eine sich neu konstituierende Synode den 15-köpfigen Rat und dessen Chef neu bestimmen muss. Wobei jedoch die Wahl von Bedford-Strohm als deutlicher Wink an die künftige Synode verstanden wird, ihn 2015 für dann sechs Jahre wiederzuwählen.

Denn alle wollen endlich Kontinuität in der Führung. Dass dabei die Hoffnungen auf Bedford-Strohm ruhen, wirkt zunächst wie Sehnsucht nach den alten Zeiten Wolfgang Hubers. In vielem nämlich ähnelt Bedford-Strohm dem agilen Ex-Ratschef, der von 2003 bis 2009 die EKD befeuerte. Bedford-Strohm war drei Jahre lang Hubers Assistent an der Uni und ist mittlerweile wie sein Lehrer ein angesehener Theologieprofessor mit Schwerpunkt in der Sozialethik, mit der sich Christen „in den öffentlichen Diskurs einmischen“ sollen, wie Bedford-Strohm in Dresden sagte. Doch fügte er hinzu, Christen dürften sich „nicht aufspielen als die besseren politischen Kommentatoren“, sollten „nicht bevormundend“ sprechen, „aber mit klarer Orientierung“.

Mit Huber teilt er die Arbeitsbereitschaft, die SPD-Mitgliedschaft – die derzeit ruht – und die Wurzeln im Linksprotestantismus. Aber ein Klon von Huber ist Bedford-Strohm nicht. Er ist weniger streng und gibt sich bisher nicht als Lordsiegelbewahrer aller Kirchenrechte im säkularen Staat, sondern hat auch schon mal selbst gefragt, ob die Institution ihre herausgehobene Position noch überall rechtfertigen kann. Zudem scheint Bedford-Strohm stärker an praktischem Handeln interessiert zu sein. So setzt er sich in der bayerischen Landeskirche, an deren Spitze er 2011 gewählt wurde, für Flüchtlinge nicht nur mit politischen Forderungen ein, sondern auch mit unbürokratisch ausgeschüttetem Hilfsgeld. Da lässt sich das Bemühen um eine Authentizität erkennen, bei der Reden und Handeln übereinstimmen.

Authentisch – oft benutzt er dieses Wort – lässt sich bei ihm ebenfalls nennen, dass er die politische Positionierung und die christliche Verkündigung aus persönlichem Empfinden hervorgehen lässt. Der Vater dreier Söhne, verheiratet mit der US-amerikanischen Psychotherapeutin Deborah Bedford, wurde sehr privat, als er 2013 mit seinem Sohn Jonas ein Buch über den Glauben auf Basis familiärer Gespräche veröffentlichte. Doch zum Subjektivismus wird so etwas bei ihm nicht, weil Bedford-Strohm dabei die Glaubenslehren klar, gleichsam objektiv formuliert. Aber sie wirken, weil persönlich getönt, warm und verbindlich.

Diese Verbindlichkeit scheint ihm übrigens beim Umgang mit Katholiken zu nutzen: Der gebürtige Franke versteht sich gut mit seinem bayerischen Gegenüber Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising sowie Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Und bei den Protestanten verhilft Bedford-Strohm die subjektive Wärme zur Erlangung jener „Glaubwürdigkeit“, die in Zeiten wachsender Glaubenszweifel als letzter Garant für die Zustimmungsfähigkeit christlicher Rede empfunden wird: Konsensualität durch Authentizität.

Konsensfähigkeit wird er benötigen, denn vor der EKD stehen gewaltige Aufgaben. Bei den Vorbereitungen des Reformationsjubiläums 2017 gibt es Streit mit Historikern und Katholiken. Bedford-Strohm jedenfalls erhofft sich „ein große Christusfest mit weitem internationalem und ökumenischem Horizont“. Nach dem Jubiläum aber, ab 2018, werden Sparrunden anstehen, weil bei den Kirchensteuern die gute wirtschaftliche Entwicklung nicht mehr lange „den Schwund der Gemeindemitglieder kompensiert“, wie der EKD-Haushälter Klaus Winterhoff vor der Synode sagte. In der Sterbehilfedebatte, wo die Kirchengremien ein Verbot organisierter Suizidhilfe wollen, wird Bedford-Strohm diese Position dem ganz anders denkenden Kirchenvolk verständlich machen müssen.

Zudem dürfte der Rat bei der Neuwahl 2015 kräftig durcheinandergeschüttelt werden. Zahlreiche leitende Geistliche scheiden aus Altergründen aus, dringend müssen Frauen stärker repräsentiert werden. Doch jetzt in Dresden waren Männer dran: Bedford-Strohm und der berlin-brandenburgische Bischof Markus Dröge, der auf den von Nikolaus Schneider ebenfalls niedergelegten Ratssitz gewählt wurde.