Frauen, Alleinerziehende, Singles und Arbeitslose sind besonders häufig betroffen

Berlin. Trotz der verbesserten Lage am Arbeitsmarkt droht noch immer jedem Sechsten in Deutschland ein Leben in Armut. Rund 13 Millionen oder 16,1 Prozent der Bevölkerung galten 2013 als armutsgefährdet, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. Der Anteil sei damit genauso hoch wie 2012. Ein besonders hohes Risiko tragen demnach Frauen, Alleinerziehende, Singles und Arbeitslose. Als armutsgefährdet gilt, wer inklusive staatlicher Sozialleistungen wie Kinder- oder Wohngeld weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verdient. Im vergangenen Jahr lag dieser Schwellenwert für eine allein lebende Person in Deutschland bei 979 Euro im Monat (11.749 Euro im Jahr), für zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren bei 2056 Euro im Monat (24.673 Euro im Jahr).

Dass die Armutsgefährdung trotz Rekordbeschäftigung nicht zurückgeht, ist für den Paritätischen Wohlfahrtsverband ein Zeichen für die „Amerikanisierung der Arbeit“. „Es gibt zu viele Jobs, die kein auskömmliches Einkommen garantieren“, sagte Verbandsexperte Christian Woltering. Der ab 2015 eingeführte gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro je Stunde sei zwar ein wichtiger Schritt, sei allein aber nicht genug. Prekär sei die Lage für Langzeitarbeitslose. Ihnen müsse besonders geholfen werden. Der Präsident des Sozialverbandes SoVD Adolf Bauer meint: „Armutsbericht, Altersarmut und Hartz IV zeigen, dass die soziale Kluft in Deutschland wächst. Nötig ist ein abgestimmtes Vorgehen für mehr sozialen Ausgleich.“

Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) sieht in besserer Bildung das wirkungsvollste Mittel gegen Armut. Auch die Zuverdienstmöglichkeiten für Hartz-IV-Empfänger könnten erhöht werden.

In der Altersgruppe der 17- bis 64-Jährigen gelten fast 18 Prozent der Frauen als armutsgefährdet, aber nur 16 Prozent der Männer. Von den Alleinerziehenden laufen sogar 35,2 Prozent Gefahr, in Armut abzurutschen. „Bei den Alleinlebenden betrug der Anteil der armutsgefährdeten Personen 31,9 Prozent“, erklärten die Statistiker. Wer einen Job hat, gerät vergleichsweise selten in Bedrängnis: Hier sind nur 8,6 Prozent gefährdet, bei den Arbeitslosen sind es dagegen 69,3 Prozent.

Armut bleibt auch in anderen Industrieländern ein Problem. Nach einem Bericht des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (Unicef) hat die Krise seit 2008 rund 2,6 Millionen Kinder in den 41 untersuchten Staaten in Armut gestürzt. In Deutschland sei die Quote zwar von 15,2 auf 15,0 Prozent gefallen, in den rezessionsgeplagten Ländern dagegen teilweise stark gestiegen – in Griechenland etwa von 23,0 auf 40,5 Prozent. „Alle Länder brauchen ein starkes soziales Sicherheitsnetz, um Kinder zu schützen“, fordert Unicef. „Die reichen Staaten sollten mit gutem Beispiel vorangehen.“