SPD-Ministerpräsident will mit CDU und Linken sondieren

Potsdam. Die Wähler lassen Dietmar Woidke freie Hand. Die Brandenburger haben dem Ministerpräsidenten am Sonntag zwei komfortable Koalitionsoptionen beschert, zwischen denen der Sozialdemokrat wählen kann: Rot-Rot und Rot-Schwarz. Eine klare Priorität haben die Wähler nicht. Bei einer Nachwahlbefragung sprachen sich 45 Prozent für eine Neuauflage des Bündnisses der SPD mit der Linken aus, 46 Prozent für eine Koalition der Sozial- und der Christdemokraten.

Entsprechend hielt sich Woidke am Montag alles offen. „Die Entscheidung ist nicht gefallen“, sagte er. Sondieren will er mit beiden, eine Regierungsbildung wird es wohl erst im November geben, wie die brandenburgische SPD-Generalsekretärin Klara Geywitz andeutete. Wobei die Nachwahlbefragung doch eine kleine Tendenz in Richtung Rot-Rot ergab. Von den SPD-Wählern sagten 54 Prozent, dass sie es lieber sähen, wenn es mit der Linken weiterginge.

Aber die Linke ist durch die Wahl zum schwierigen Partner geworden. Weil sie so sehr verloren hat. Von einer „herben Niederlage“ sprach Spitzenkandidat Christian Görke am Montag, als er den Absturz um 8,6 Punkte auf 18,6 Prozent kommentieren musste. Die Linke verliert zum einen Wähler, die nicht mehr frustriert sein wollen, sondern sich über die Aufhellung der Wirtschaftslage im Land freuen. Zu dieser Aufhellung hat die Linke als Juniorpartner in der rot-roten Koalition zwar beigetragen, aber den Lohn bekam die SPD. Netto 7000 Wähler wanderten von der Linken zur SPD. Zum anderen scheint die Linkspartei nicht mehr die dauerhaft Enttäuschten an sich binden zu können. 20.000 Wähler wanderten zur AfD ab, die auf satte 12,2 Prozent kam. Wenn aber die Linke weder als Regierungs- noch als Protestpartei überzeugt, steht ihr eine komplizierte Selbstfindung bevor, die sie für die SPD nicht eben berechenbar macht. Etwas verzweifelt klang es, was Görke über die Strategie für die Sondierung sagte: „Wir werden uns da nicht flach hinlegen.“

Ein einfacher Partner wäre auch die CDU nicht. Zwar hat sich die Landespartei nach Jahren der Zerrissenheit gefestigt und mit 23 Prozent einen sicheren Platz als zweitstärkste Kraft erkämpft. Doch hat sie ebenfalls ein Problem mit der AfD, zu der 18.000 CDU-Wähler abwanderten. Besonders stark ist die AfD in jenen Gegenden, in denen das klassische CDU-Thema Innere Sicherheit oben auf der Tagesordnung steht. In der Region Oderland/Spree in Richtung polnischer Grenze, wo es Sorgen wegen steigender Kriminalität gibt, lag die AfD mit 14,4 Prozent klar über dem Landesdurchschnitt, während dort die CDU mit 21 Prozent unter ihrem Mittelwert blieb. Daher wird die CDU Woidke beim Thema Innere Sicherheit einige christdemokratische Akzente abverhandeln müssen. Regieren aber wollen die Christdemokraten: „Wir werden ernsthaft in Sondierungsgespräche gehen“, sagte Landeschef Michael Schierack.

Tatsächlich ist einiges in Bewegung gekommen. Im scheinbar tiefroten Brandenburg beginnen sich traditionelle Hochburgen aufzulösen, was vor allem die Linke trifft. Nur in vier der 44 Wahlkreise holte sie ein Direktmandat, im Berliner Umland und Potsdam machen sich Bevölkerungsverschiebungen bemerkbar. In der Landeshauptstadt lag die SPD vor der Linken. Grüne und CDU holen dort mächtig auf.

In Brandenburg entsteht eine Männerpartei, die AfD. Bei Männern errang sie 15 Prozent, in der Altersgruppe zwischen 25 und 34 Jahren gar 19 Prozent. Doch längst nicht alle Unzufriedenen wählten AfD. So holte CDU-Einzelkämpfer Henryk Wichmann (bekannt durch die Filme „Herr Wichmann von der CDU“ und „Herr Wichmann aus der dritten Reihe“) das Direktmandat in der Uckermark. Und in Teltow-Fläming honorierten die Wähler den Ex-SPD-Abgeordneten Christoph Schulze, der im Streit um den Hauptstadtflughafen ausgetreten war und für die Vereinigten Bürgerbewegungen/Freie Wähler antrat. Schulze gewann das Direktmandat und darf noch zwei andere Mitstreiter in den Landtag mitnehmen.