Der Niedergang der Liberalen setzt sich in Erfurt und Potsdam fort. Und Parteichef Lindner sagt, die Durststrecke sei noch nicht vorbei

Berlin. Zwei Wahlen – und noch nicht mal fünf Prozent zusammen. Die wenigen Liberalen, die am Sonntag im Thomas-Dehler-Haus für die Fernsehkameras ihr enttäuschtes Gesicht hinhalten, sind Prügel gewohnt. Aber laut Hochrechnungen um die 2,5 Prozent in Thüringen, 1,5 Prozent in Brandenburg? Das tut richtig weh.

In Brandenburg begann ein grotesker Wahlkampf mit dem Slogan „Keine Sau braucht die FDP“ und gipfelte in dem Plakatspruch „Biber abschießen“ – jetzt schossen die Wähler die Partei ab. Ein Jahr nach dem Rauswurf aus dem Bundestag scheint die FDP unaufhaltsam auf dem Weg zur Splitterpartei. Sie ist im Osten jetzt aus allen Landtagen verschwunden, bundesweit ist sie nur noch in sechs von 16 Parlamenten vertreten. Keinen einzigen Minister mehr hat sie im Politikschaufenster.

Die Schockergebnisse sind 15 Minuten alt, da kommt Christian Lindner auf die Bühne. Der Bundesvorsitzende beugt das Haupt vor den Niederlagen, den Kopf verliert er nicht: „Die Durststrecke für die Freien Demokraten ist noch nicht zu Ende.“ In Brandenburg und vor zwei Wochen in Sachsen hatten die Landesverbände auf Lindners Unterstützung gepfiffen – so befreit der Untergang den Vorsitzenden immerhin ein Stück weit von lästigen Kritikern.

Dann wählt Lindner, befreit von der Zwangsjacke der drei Ostwahlen, endlich Worte, auf die viele gewartet haben – nicht mehr dieses zögerliche Auf-Sicht-Fahren. Was sei das für eine politische Landschaft, wo sich die AfD, die in Thüringen und Brandenburg neue Triumphe feiert, als diffuse Protestpartei formiere? Union, SPD und Grüne wollten mehr Staat, alles auf Pump: „Wir wollen, dass es auch weiter eine andere politische Farbe gibt.“

Tapfer versucht Lindner, gegen den Eindruck anzureden, die FDP sei schon klinisch tot. Die Lage in den 90er-Jahren sei ähnlich dramatisch gewesen. „Damals wurde unterschätzt, wie viel Kraft in unserer Idee steckt, wenn wir sie konsequent vertreten“, glaubt der 35-Jährige.

Die FDP kämpfe für bürgerliche Tugenden: „Deshalb haben wir den Mut weiterzumachen.“ Einer der letzten Strohhalme, an die sich Lindner klammert, ist Hamburg. Die traditionell liberal gesinnte hanseatische Bürgerschaft soll bei der Wahl im Februar die Trendwende bringen. Aber auch in Hamburg läuft einiges schief. Wie lange hält Lindner in diesem Laden durch? Er lacht: „Wir sehen uns 2017 wieder.“

Auch Yasmin Fahimi hat keinen einfachen Job. Die SPD-Generalsekretärin muss eine Doppelwahl erklären, über die sich die Sozialdemokraten nicht ungetrübt freuen. Sicher, die SPD ist und bleibt „die Brandenburg-Partei“. Aber in Thüringen hat sie jäh verloren. „Es ist für uns ein sehr trauriges Ergebnis“, sagt Fahimi. Der Tiefpunkt ist, dass die Alternative für Deutschland (AfD) im ersten Anlauf fast so stark wie die SPD wurde. Die Gründe dafür, dass seine Partei so unterschiedlich abschnitt, müssten in den Ländern selbst liegen, sagt Parteichef Sigmar Gabriel. Und er hat auch eine Erklärung parat: In Brandenburg war die SPD eindeutig bei den Aussagen über mögliche Koalitionspartner – in Thüringen nicht.

Große Selbstzufriedenheit war im Konrad-Adenauer-Haus zu spüren: Die CDU gewann in beiden Ländern Stimmen dazu und geht von einem klaren Regierungsauftrag an Christine Lieberknecht aus. Rot-Rot im Erfurter Landtag hätte das Klima in der Großen Koalition in Berlin belastet. Nun können Kanzlerin Angela Merkel und Gabriel weiter durchregieren – mit einer Ausnahme. Im Bundesrat verfügen sie nicht über eine Mehrheit.