Liberale mit wenigen Chancen. Fortsetzung der Koalition aus SPD und Linken im Landtag erwartet

Potsdam. Am Sonntag werden die Verhältnisse im Brandenburger Landtag neu geordnet – doch Wechselstimmung ist bei den 2,1 Millionen Wahlberechtigten nicht erkennbar. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) muss nicht um seinen Chefsessel bangen, denn seine Partei wird wohl auch nach 24 Jahren an der Macht stärkste Kraft im Potsdamer Parlament bleiben.

Stimmen die Wähler so, wie das Wahlforscher bereits seit Monaten stabil vorhersagen, könnten SPD und Linke ihre Koalition fortsetzen. Woidke hat sich mehrfach für eine Neuauflage ausgesprochen – hält sich aber auch ein Bündnis mit der CDU offen. „Falls die SPD ein gutes Wahlergebnis hat, werden wir uns mit allen infrage kommenden Partnern unterhalten“, bemühte sich Woidke, dem Eindruck entgegenzutreten, Rot-Rot sei schon beschlossene Sache. Gleichwohl hätten SPD und Linke in Brandenburg im Vergleich mit anderen Koalitionen eine „gute Bilanz vorzulegen“.

Tatsächlich sind die sozialen Spannungen in Brandenburg relativ gering – insbesondere im Vergleich zu Berlin. Seit 2004 hat sich die Zahl der Arbeitslosen von 251.000 auf zuletzt 119.000 mehr als halbiert. Allerdings profitiert hauptsächlich der Speckgürtel rund um die Hauptstadt vom Wohlstand, Regionen fern von Berlin dagegen kaum. Gut situiert sind vor allem jene, die zu Wendezeiten zwischen 20 und 40 Jahre alt waren. In dieser Altersgruppe liegt die Wohneigentumsquote fast auf bayerischem Niveau. Laut einer Studie des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) ist Brandenburg das kaufkraftstärkste ostdeutsche Bundesland.

Dass es vielen Brandenburgern vergleichsweise gut geht, wirkt sich auf die politischen Rahmenbedingungen aus. Vor zehn Jahren noch hatte die Hartz-IV-Debatte den Linken eine politische Steilvorlage geliefert. Heute präsentieren sie sich auf Landesebene als etablierte Partei, die in der rot-roten Koalition unter anderem den Wirtschafts- und den Finanzminister stellt. Erreichte die Linke vor zehn Jahren noch Umfragewerte von bis zu 36 Prozent, sind es jetzt etwas über 20 Prozent.

Für die SPD wiederum sind die Traumergebnisse aus den Zeiten von Ministerpräsident Manfred Stolpe von bis zu 54 Prozent unerreichbar. In den Umfragen lagen die Sozialdemokraten zuletzt bei etwa 33 Prozent. Damit brachte die SPD die Union, die ihr zur Europawahl in der Wählergunst recht nah gerückt war, wieder auf deutlichen Abstand. Neu im brandenburgischen Parteienspektrum ist die Alternative für Deutschland (AfD). Sie rangiert in Umfragen stabil oberhalb der Fünfprozenthürde und dürfte somit in den Landtag einziehen. Die FDP dagegen muss mit Umfragewerten um zwei Prozent wohl die Koffer packen – ihre selbstironische Plakatkampagne „Keine Sau braucht die FDP“ brachte ihr zwar viel Aufmerksamkeit, aber keinen wirklichen Aufschwung. Die Grünen haben in etwa so viele Anhänger wie die AfD und dürften den Sprung in den neuen Landtag ebenfalls schaffen. Rechtsextreme Parteien tauchen in den Wahlumfragen nicht mehr auf und gelten in Brandenburg als chancenlos.

Mit polarisierenden Themen wartet der Wahlkampf kaum auf. Debatten über Braunkohlenutzung und Massentierhaltung blieben regional auf betroffene Wahlkreise begrenzt und sorgte nicht erkennbar für größere Mobilisierungseffekte. Um das vielleicht drängendste Thema, das Milliardendesaster um den Flughafen BER, machen außer AfD, Grüne und Piraten alle Parteien einen großen Bogen.