Polens Präsident erinnert im Bundestag an den Krieg 1939 – und fordert Härte in der Ukraine-Krise

Berlin. Angesichts der wachsenden Spannungen im Osten Europas hat Polens Staatspräsident Bronisław Komorowski die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit seines Landes mit Deutschland hervorgehoben. „Wir brauchen eine deutsch-polnische Verantwortungsgemeinschaft für die Zukunft Europas“, sagte Komorowski am Mittwoch im Bundestag in der Gedenkstunde 75 Jahre nach Beginn des Zweiten Weltkriegs. Wenn Europa und der Westen an die universelle Bedeutung ihrer Werte glaubten, „dann müssen wir die Entschlossenheit aufbringen, diese Werte auch zu verteidigen“.

In Anwesenheit von Bundespräsident Joachim Gauck und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnete Komorowski die Ukraine-Krise als „Herausforderung für die gesamte westliche Welt“. Mit Blick auf das Vorgehen Russlands sprach der polnische Staatschef von einer „beispiellosen Aggression“. Man habe es mit der „Wiedergeburt einer nationalistischen Ideologie“ zu tun, die das Völkerrecht und bürgerliche Freiheiten gering schätze. Notwendig sei nun eine „kluge, langfristige, aber auch wirksame Politik“ in Europa. „Wir glauben weiterhin daran, dass unsere Autobahn der Freiheit immer länger wird und weit in den Osten Europas reichen wird“, unterstrich Komorowski.

Die Beschlüsse des Nato-Gipfels in Wales müssten konsequent umgesetzt, die Ostflanke der Nato müsse gestärkt werden. Eine Politik der Abschreckung sei kein Widerspruch zu Zusammenarbeit und Dialog. Ausdrücklich stellte Komorowski den Ukraine-Konflikt in den Zusammenhang mit anderen Weltkrisen. Ereignisse im Irak, in Syrien, Libyen, in der Ukraine und in Russland bedrohten die Freiheit.

Zugleich unterstrich der polnische Präsident das „Wunder der Versöhnung“ zwischen Polen und Deutschland. Viele Menschen und Organisationen, darunter die Kirche, Politiker beider Länder und die Aktion Sühnezeichen, hätten sich darum verdient gemacht. Zum ersten Mal seit Jahrhunderten sei es möglich, in beiden Ländern gemeinsam zu leben und zu arbeiten: „Ich freue mich, dass wir dieses Umbruchs gemeinsam gedenken wollen.“ Dank Europa und seiner Institutionen gebe es nun keinen Krieg mehr auf dem Kontinent.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) erinnerte in seiner Begrüßungsrede an das Leid, dass der „verheerendste Krieg der Geschichte“ hervorbrachte. Besonders Polen, das am längsten unter der deutschen Besetzung litt, war betroffen. „Es muss deshalb als Wunder gelten, dass Polen und Deutsche nicht nur Nachbarn sind, die sich vertrauen, sondern Freunde, die sich mögen“, sagte Lammert.

Am frühen Morgen des 1. September 1939 hatte das deutsche Kriegsschiff „Schleswig-Holstein“ auf der Westerplatte, einer Halbinsel nördlich von Danzig, einen Posten der polnischen Armee beschossen. Es war der Beginn des blutigsten Krieges in der Geschichte der Menschheit, in dem etwa 60 Millionen Menschen ihr Leben verloren.