In Thüringen hätte Umfragen zufolge auch eine rot-rot-grüne Landesregierung Chancen

Erfurt. Um seine eigene Partei macht sich Linke-Politiker Bodo Ramelow knapp eine Woche vor der Landtagswahl in Thüringen keine Sorgen. „Die Schwäche der SPD ist das Problem“, sagt der Mann, der 25 Jahre nach dem Fall der Mauer mithilfe der Sozialdemokraten und möglicherweise der Grünen erster Ministerpräsident der Linkspartei werden will. Die Landtagswahl am 14. September in der CDU-Bastion Thüringen verspricht spannend zu werden.

Es geht um die Fortsetzung von Schwarz-Rot oder um Rot-Rot oder Rot-Rot-Grün, weil es für Linke und SPD nach aktuellen Umfragen nicht reichen könnte. Dieses Koalitionsmodell mit einem Linken an der Spitze gab es noch nicht in Deutschland. Für Wirbel könnte auch die eurokritische Alternative für Deutschland (AfD) sorgen, die nach ihrem Triumph Ende August in Sachsen hörbar auch an die Tür des Thüringer Landtags klopft.

Ob sich die SPD nach dem Wahlabend der Linken zuwendet oder doch wie in den vergangenen fünf Jahren an der Seite der CDU bleibt, ist offen. Sozialministerin und SPD-Spitzenkandidatin Heike Taubert schweigt darüber und macht auch keine Andeutungen: „Wir bleiben dabei, wir machen keine Koalitionsaussage vor der Wahl.“ Immerhin hat die SPD zehn Koalitionsprüfsteine aufgestellt, die Hürden sowohl für die CDU als auch die Linke darstellen. Und sie will die Basis entscheiden lassen, mit wem letztlich regiert wird.

Für manche in der SPD wäre ein Linker als Regierungschef ein Tabubruch

Dass die SPD erstmals in einem Bundesland als Juniorpartner einen Linken zum Regierungschef küren könnte, sorgt kurz vor der Wahl für einige Aufregung. Für manche in der SPD, aber auch für ehemalige DDR-Bürgerrechtler, wäre das ein Tabubruch. Der Mitbegründer der SPD in Treffurt (Unstrut-Hainich-Kreis), Günter Oßwald, warnte sogar per Anzeige vor einer Regierung mit der Linken.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) packt ihre Kritik in Ironie: „Für eine große Volkspartei ist das eine ziemlich abenteuerliche Vorstellung: sich klein machen, damit ein Linker gewinnen kann. Da muss man erst einmal drauf kommen.“ Selbst am Tag vor dem Wahlsonntag wirbt Merkel in Thüringen für die CDU mit Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht. Die 56-Jährige will die CDU/SPD-Koalition, die in den letzten fünf Jahren oft gestritten hat, fortsetzen. „Wir wollen keine Experimente.“

Aufmischen könnte die politischen Farbspiele die AfD, die der Jenaer Parteienforscher Torsten Oppelland rechts von der CDU verortet. Dadurch werde „alles etwas komplizierter“. Für Lieberknecht allerdings ist die AfD kein möglicher Partner: „Eine Koalition mit der AfD schließe ich aus.“ Damit habe die CDU nach den jüngsten Umfragen mit der SPD nur eine Koalitionsoption, sagt Oppelland.

Aktuell käme die CDU auf 34 bis 36 Prozent, die Linke auf 26 bis 28 Prozent, die SPD auf 16, die Grünen auf 5 bis 6 Prozent und die AfD auf 7 bis 8 Prozent. Die FDP wäre nicht mehr im Landtag.