Hamburg . Als der Außenminister vorfährt, wehen ukrainische Fahnen auf dem Bürgersteig. Demonstranten halten die Flaggen in die Luft und fordern, Europa solle Putin stoppen. Frank-Walter Steinmeier (SPD) ist eingeladen bei der Körber-Stiftung im Kehrwieder in der HafenCity. Doch als der Außenminister auf dem Podium im vollen Saal über den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine spricht, klingt er nicht optimistisch. „Wir spüren, dass es jetzt ein Haltesignal braucht, sonst droht eine direkte militärische Konfrontation zwischen beiden Staaten.“ Es bestehe die Gefahr, dass dieser Konflikt außer Kontrolle gerate.

Trotz der bisher erfolglosen Diplomatie setzt Steinmeier bei der Lösung des Konflikts auf Gespräche zwischen Russlands Präsidenten Wladimir Putin und dem ukrainischen Staatschef Petro Poroschenko. Immerhin sollen ab Dezember unbemannte Drohnen die Grenze zwischen den beiden Staaten aus der Luft beobachten, um illegale Übertritte von Söldnern oder Soldaten und Lieferungen von Waffen zu verhindern. Ein stärkeres Engagement für den Frieden durch die Vereinten Nationen (Uno) ist aus Sicht des Außenministers nicht zu erwarten. „Wir haben durch den Konflikt mit Russland eine Blockadesituation der Uno und des Sicherheitsrats.“ Dort ist Russland als ständiges Mitglied vertreten.

In der anderthalb Stunden dauernden Diskussion im Rahmen des Projekts „Review 2014 – Außenpolitik weiter denken“ warnt Steinmeier zudem vor Übergriffen der Gruppe Islamischer Staat (IS) über Syrien und den Irak hinaus. Es gehe der Terrorgruppe um den gesamten mittelöstlichen Raum, und im Zentrum stehe dabei die Frage: „Wer ist der berechtigte Hüter der Heiligen Stätten – und damit ist Saudi-Arabien mit im Fokus dieser ganzen Strategie.“ Auch Jordanien sei aus Sicht des IS eine leichte Beute, sagt er.

Steinmeier verteidigt aus diesem Grund die deutschen Waffenlieferungen an die Kurden und Peschmerga im türkisch-irakischen Grenzgebiet. Es müsse das Ziel von Europa und den USA sein, nun zunächst die militanten Islamisten zu stoppen, bevor ein „Flächenbrand“ im gesamten Nahen Osten drohe. „Die Gefährlichkeit der Gruppe ergibt sich daraus, dass sie mit ihrer Kalifatsvorstellung eine gewisse Attraktivität ausstrahlt und ihr Ehrgeiz nicht auf Syrien und Irak beschränkt ist“, sagt Steinmeier. Am Ende sei Frieden nur mit einem gemeinsamen Handeln der arabischen Staaten möglich.