Berlin. Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat Medienberichten zufolge in mindestens einem Fall ein Gespräch von Hillary Clinton in ihrer Zeit als US-Außenministerin abgehört. Zudem habe die Bundesregierung angeordnet, einen Nato-Partner auszuspionieren, berichteten die „Süddeutsche Zeitung“ sowie NDR und WDR. Dies gehe aus den Dokumenten hervor, die der im Juli festgenommene Spion im BND an den amerikanischen Geheimdienst CIA übergeben habe. In den vergangenen zwei Jahren sollen dies mindestens 218 Dokumente gewesen sein.

Nach den Berichten haben die USA damit begonnen, die erhaltenen Informationen im aktuellen Streit über US-Spionageaktionen in Deutschland zu nutzen. Das abgehörte Telefonat von Clinton nähmen sie als Beleg dafür, dass auch die Deutschen die USA ausspioniert haben. US-Außenminister John Kerry soll seinen deutschen Kollegen Frank-Walter Steinmeier (SPD) auf den Vorgang angesprochen haben. Auch Denis McDonough, der Stabschef von US-Präsident Barack Obama, soll die Abhöraktion bei einem Besuch bei Kanzleramtsminister Peter Altmaier zur Sprache gebracht haben.

Deutsche Regierungskreise bestreiten den Berichten zufolge, dass es eine systematische Spionage des BND gegen die USA gebe. Das Gespräch, das Clinton in ihrer Amtszeit aus einer US-Regierungsmaschine heraus geführt habe, sei nur zufällig aufgefangen worden. Dass es nicht sofort vernichtet worden sei, bezeichnete ein Regierungsmitglied als „Idiotie“. Clinton soll allerdings kein Einzelfall gewesen sein: Offenbar wurden in der Vergangenheit wiederholt Gespräche von US-amerikanischen Politikern sowie Politikern aus anderen befreundeten Staaten mitgeschnitten und gemäß einer Anweisung dem jeweiligen BND-Präsidenten vorgelegt. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen habe es sich dabei aber in keinem Fall um einen gezielten Lauschangriff gehandelt. Seit Sommer vergangenen Jahres gilt eine Anweisung des damaligen Kanzleramtes, solches Material sofort zu vernichten.

Das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages hat die verratenen Dokumente angefordert, um sich einen Eindruck vom entstandenen Schaden zu verschaffen.