Kabinett plant Gesetze zur Armutszuwanderung aus der EU. Mehr Geld für Kommunen

Berlin. Ein paar Zahlen stehen fest: In Deutschland etwa leben seit der Einführung der Arbeitnehmerfreizügigkeit zum Jahreswechsel deutlich mehr Rumänen und Bulgaren. In den ersten vier Monaten bis April verzeichnete man ein Plus beim Wanderungssaldo von rund 38.000 Personen – im gesamten Kalenderjahr 2013 waren es dagegen lediglich um die 84.000. Wesentlich unklarer sind jedoch die Auswirkungen dieses Zuzugs.

Während im Januar vor allem die CSU Alarm schlug und unter dem Motto „Wer betrügt, der fliegt“ vor einer möglichen Zuwanderung in die Sozialsysteme warnte, wird der Abschlussbericht einer Staatssekretärsrunde eine nüchterne Sprache sprechen. Zum Beispiel ist die Arbeitslosenquote unter Bulgaren und Rumänen bislang nicht außergewöhnlich hoch. Monatelang hat die Runde die Vorwürfe dennoch untersucht. Ihre Aufgabe lautete, mögliche Maßnahmen gegen Sozialmissbrauch vorzulegen. Damit sind sie nun so gut wie fertig.

Der Entwurf muss zwar noch zwischen den Ressorts abgestimmt werden. Bei fast allen Punkten soll aber bereits Einigkeit bestehen. Am 27. August will sich das Bundeskabinett mit den Vorschlägen befassen und ein entsprechendes Gesetzespaket verabschieden. Die Staatssekretäre schlagen zum einen härtere Strafen gegen Sozialmissbrauch durch Ausländer vor. Laut Bericht, über den zuerst die „FAZ“ berichtete, ist vorgesehen, Zuwanderer aus anderen EU-Staaten künftig äußerstenfalls auszuweisen und mit Wiedereinreisesperren zu belegen, wenn sie ihren Aufenthalt in Deutschland auf „Rechtsmissbrauch oder Betrug“ gründeten. Geplant sei auch, dass sich EU-Bürger künftig nur noch sechs Monate in Deutschland aufhalten dürften, um eine Arbeit zu suchen. Wer in dieser Zeit keine Stelle finde, müsse wieder ausreisen.

Daneben wolle die Regierung einen unberechtigten Bezug von Kindergeld unterbinden, indem künftig Kindergeldanträge nur noch gegen Vorlage der Steueridentifikationsnummern für Eltern und Kinder bewilligt werden sollen. Ursprünglich war erwogen worden, Kindergeld für im Ausland lebende Kinder generell nicht zu gewähren. Dies ist aber europarechtlich problematisch und hätte überdies auch für deutsche Kinder im Ausland gelten müssen. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums erhielten Ende 2013 91.886 Kinder außerhalb Deutschlands Kindergeld, davon 23.511 Kinder mit deutscher Staatsangehörigkeit. Bei knapp 14,4 Millionen kindergeldberechtigten Kindern waren dies 0,64 Prozent. Mehr als die Hälfte aller Kinder (41.361), die im Ausland Kindergeld erhalten, lebten in Polen. In Tschechien waren es 4159, in Rumänien 3395.

Neben diesen härteren Strafen plant die Bundesregierung, jene Kommunen finanziell zu entlaste, die hohe Zuwanderungsraten verzeichnen. Noch für das laufende Jahr können sie mit einer Soforthilfe von zusätzlichen 25 Millionen Euro für Ausgaben im Rahmen des Hartz-IV-Systems rechnen. Insgesamt sollen sie im Rahmen verschiedener Programme um mehr als 200 Millionen Euro entlastet werden. Ulrich Maly, Präsident des Deutschen Städtetages, begrüßt diese Hilfen: „Die meisten Menschen aus Südosteuropa sind in Deutschland gut integriert. In einigen Städten jedoch konzentrieren sich Schwierigkeiten mit sozial schwer integrierbaren Familien, etwa bei der Wohnungs- und Gesundheitsversorgung.“ Die nun verabredeten Maßnahmen gingen laut Maly „in die richtige Richtung“. Kritisch merkt er an: „Sozialmissbrauch ist nicht das Kernproblem, mit dem deutsche Städte zu tun haben. Ob und wie eine befristete Wiedereinreisesperre in eklatanten Fällen und eine Befristung von Zeiten der Arbeitssuche wirken, muss sich in der Praxis erweisen.“

Die Union begrüßt die Ergebnisse der Staatssekretärsrunde. Thomas Strobl, CDU-Vize und Vize-Fraktionschef der Unionsbundestagsfraktion, sagte: „Es bleibt bei dem Grundsatz: Diejenigen, die hierherkommen, arbeiten und Steuern zahlen, sind uns herzlich willkommen. Die Vorteile der Freizügigkeit in der EU verhelfen Deutschland gerade jetzt zu qualifizierten Fachkräften, die der Arbeitsmarkt dringend braucht.“

Der Innenexperte erklärte zudem: „Wer falsche Angaben beim Amt macht und sich dadurch Sozialleistungen erschleicht, darf eine bestimmte Zeit nicht mehr nach Deutschland kommen. Denn damit wird unsere Gastfreundschaft hintergangen, das ist nicht akzeptabel.“ Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte bereits bei der Vorstellung des Zwischenberichts gesagt, die „Zahl der Zuwanderer aus Bulgarien und Rumänien, auch die sozialen Probleme, die damit teilweise verbunden sind, sind bundesweit überschaubar“. Regional seien sie aber besorgniserregend.