Doch Fachleute und der Koalitionspartner SPD zweifeln an Durchführbarkeit

Berlin. Verfassungsschützer beobachten seit Langem aufmerksam die Reisebewegungen deutscher Islamisten Richtung Syrien. Über die Türkei können sie ohne großen Aufwand in das Bürgerkriegsland gelangen. Die Zahl der Ausreisen ist in den vergangenen Monaten stetig weitergestiegen. Mehr als 400 hat der Verfassungsschutz seit dem Ausbruch des Konflikts 2011 gezählt. Zum Irak liegen keine Zahlen vor. Aber auch dorthin zieht es Fanatiker aus Deutschland.

Und manche kommen irgendwann in die alte Heimat zurück. Etwa 100 der Richtung Syrien ausgereisten Islamisten sind nach Erkenntnissen der Verfassungsschützer wieder in Deutschland – und etwa 25 von ihnen haben in Syrien Kampferfahrung gesammelt. Sie bereiten den Sicherheitsbehörden die meisten Sorgen: jene, die radikaler als zuvor zurückkommen, kampferprobt und im Zweifel militärisch ausgebildet.

Unions-Politiker aus Bund und Ländern meinen nun, ein Rezept gefunden zu haben gegen die Bedrohung durch heimkehrende islamistische Kämpfer: Geballt melden sie sich zu Wort und werben dafür, gefährlichen Islamisten aus Deutschland bei der Rückkehr aus Syrien und anderen Konfliktgebieten die Wiedereinreise zu verwehren – und ihnen im Zweifel auch die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen. Der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Günter Krings (CDU), plädiert in der „Rheinischen Post“ dafür, die Wiedereinreise von Extremisten zu verhindern. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) schließlich mahnt in der „Bild“-Zeitung: „Unser Rechtsstaat muss bis an die Grenzen des Möglichen ausgeschöpft werden, bevor auch Deutschland zum ,Schlachtfeld‘ militanter Gruppen wird.“ Auch aus der FDP kam der Ruf, die Optionen für Einreisesperren und Ausbürgerungen zu prüfen.

Aber kann der Staat einem seiner Bürger den Pass wegnehmen? In Artikel 16 des Grundgesetzes heißt es: „Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden.“ Auch darf niemand staatenlos werden. Einem Deutschen darf der Staat auch nicht die Einreise verwehren. Wie also sollte der Staat Einreisesperren durchsetzen? Das CDU-geführte Innenministerium will sich darüber nun Gedanken machen.

Experten wie Reinhard Marx schütteln da den Kopf. „Das ist eine Debatte ohne Substanz“, sagt der Jurist und Fachmann für Staatsangehörigkeitsrecht. Ja, die Bedrohung durch islamistische Kämpfer sei nicht zu leugnen. Aber mit den vorgeschlagenen Mitteln sei das Problem sicher nicht zu lösen. Auch der Koalitionspartner ist wenig begeistert. „Ich halte von diesen sich überschlagenden Forderungen gar nichts“, sagt SPD-Bundesvize Ralf Stegner. Neue Gesetze will er nicht. Die Vorschläge der Union seien nichts als „Stammtischattacken“.