20 Jahre nach der ersten Idee heben Bagger die Baugrube für den neuen Hauptbahnhof aus – begleitet von Protesten

Stuttgart. Nach jahrelanger Verzögerung hat die Deutsche Bahn mit den Bauarbeiten am umstrittenen Tiefbahnhof Stuttgart 21 begonnen. Die zentrale Etappe des Milliardenprojekts wurde am Dienstag von Protesten nahe der Baugrube begleitet. Auf eine offizielle Feier oder einen Spatenstich verzichtete die Bahn. Der Bahnhof mit unterirdischen Gleisen soll 2021 in Betrieb gehen, noch fehlen jedoch mehrere Genehmigungen etwa für den Brandschutz.

Bagger begannen, die Baugrube auszuheben. Projektsprecher Wolfgang Dietrich sagte, die Vorarbeiten seien geleistet, jetzt könne der Trog für den Bahnhofsbau gegraben werden. „Wo gebaut werden kann, ist die Bahn im Zeitplan.“ Laufe es im Sinne der Bahn, könne der Tiefbahnhof „selbstverständlich“ Ende 2021 starten. Das Projekt hatte sich wegen Planungsproblemen, politischer Querelen und einer Volksabstimmung nach massiven Protesten verzögert. Auch ausstehende Genehmigungen könnten den Zeitplan noch ins Wanken bringen.

Das Projekt inklusive eines Systems mit Tunneln soll laut Bahn maximal 6,5 Milliarden Euro kosten, eine daran anschließende Neubaustrecke bis Ulm weitere 3,3 Milliarden Euro. Im Schlossgarten, wo jetzt die Baugrube entsteht, war vor vier Jahren der Protest gegen das Großprojekt eskaliert. Bei einem Polizeieinsatz hatte es im Herbst 2010 laut Innenministerium mehr als 160 Verletzte gegeben. Hunderte Menschen protestierten am Dienstagmorgen mit Transparenten direkt am Bauzaun gegen den Tiefbahnhof. Die Polizei sprach von rund 500 Demonstranten. Kritiker befürchten unter anderem eine Kostenexplosion und eine Gefahr für die Mineralwasservorkommen im Stuttgarter Talkessel. Der Tiefbahnhof des Düsseldorfer Architekten Christoph Ingenhoven soll vier Bahnsteige und acht Gleise haben. Geplant sind große Lichtschächte mit Bullaugen. Die Baugrube wird 16 Meter tief sein.

Die Auseinandersetzungen um das Projekt wird mit dem Baustart nicht zu Ende gehen. Der Einsatz von Wasserwerfern gegen die Demonstranten beschäftigt heute noch einen Untersuchungsausschuss in Stuttgart und auch das Landgericht. Im Landtag geht es um mögliche Einflussnahme der damaligen CDU/FDP-Regierung um Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) auf die Polizei. Vor dem Landgericht müssen sich zwei leitende Polizisten verantworten, die im Schlossgarten Dienst taten.

Die in Baden-Württemberg mit der SPD regierenden Grünen gehen aus Sicht der Linkspartei nicht entschlossen genug gegen das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21 vor. „Sie schöpfen ihre Möglichkeiten nicht aus, sie könnten das Projekt wesentlich kritischer begleiten“, sagte der Linke-Bundesvorsitzende Bernd Riexinger. Der Hinweis von Grünen-Politikern, darunter auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann, auf das Votum bei der Volksabstimmung für den Weiterbau des Projekts sei nicht gerechtfertigt. Denn bei dem Referendum im November 2011 seien die Kosten des Vorhabens zu niedrig und die Ausstiegskosten zu hoch angesetzt worden. Im Gegensatz zur Linken wollten die Grünen das heiße Eisen aus dem Landtagswahlkampf 2016 heraushalten, sagte Riexinger.