Deutscher Städtetag kritisiert Entwurf für neue Spielverordnung. Suchtbeauftragte fordert bessere Prävention

Berlin. Die Städte fordern von der Bundesregierung ein entschiedeneres Vorgehen zur Eindämmung der Spielsucht. Notwendig sei ein konsequentes Verbot von Geldspielgeräten in Gaststätten, sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, dem Abendblatt. Er übte damit auch Kritik am Entwurf einer neuen Spielverordnung, den das Bundeswirtschaftsministerium vorgelegt hat. Darin würden längst nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, um den Jugend- und Spielerschutz nachhaltig zu verbessern, monierte Dedy. Auch die Verbraucherschutzbeauftragte der Unions-Bundestagsfraktion, Mechthild Heil, kritisierte, die Neufassung der Spielverordnung gehe nicht weit genug.

Das Wirtschaftsministerium will mit der Novelle die Auflagen für die Branche verschärfen, Geldspielautomaten bleiben aber auch in Gaststätten erlaubt – ihre zulässige Höchstzahl dort soll jedoch von drei auf zwei reduziert werden. Zugleich will Minister Sigmar Gabriel (SPD) das sogenannte Punktespiel verbieten, das in vielen Automaten installiert ist; dabei wird der eingeworfene Geldbetrag sofort in Punkte umgewandelt, gesetzliche Höchstgrenzen etwa zum Höchsteinsatz oder Maximalverlust werden auf diesem Wege umgangen.

Suchtexperten warnen seit Langem, das Punktespiel erhöhe das Suchtpotenzial der Geräte noch einmal erheblich. Der maximale Verlust an einem Spielgerät pro Stunde wird nach dem Vorschlag des Wirtschaftsministeriums von 80 auf 60 Euro reduziert, der maximale Gewinn pro Stunde von 500 auf 400 Euro herabgesetzt werden. Außerdem werden sogenannte Automatiktasten untersagt. Das Kabinett wird den Plan voraussichtlich Ende September absegnen.

Der Städtetag begrüßte zwar die Änderungen. Damit werde Forderungen von Suchtexperten Rechnung getragen, meinte Dedy. Doch notwendig sei ein konsequentes Verbot von Spielautomaten in Gaststätten: „Dies wäre ein klares Signal gewesen, dass es der Bundesregierung ernst ist mit der Bekämpfung der Spielsucht“, sagte Dedy. Er beklagte, in der Gastronomie werde das Spielverbot für Jugendliche oft nicht eingehalten.

Ein generelles Verbot des Automaten-Glücksspiels in Gaststätten fordert auch der Fachverband Glücksspielsucht bereits seit Längerem. Die Gerätehersteller warnen dagegen, durch solche gesetzlichen Einschränkungen würden die Spieler nur ins Hinterzimmer oder ins Internet verdrängt, wo es eine geringere soziale Kontrolle der Spielsüchtigen gebe.

Bundesweit sind rund 240.000 Geldspielautomaten in Betrieb, ihre Zahl ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Rund eine halbe Million Menschen sind nach Expertenschätzung spielsüchtig oder zeigen ein problematisches Spielverhalten.

Nach Angaben der Drogen- und Suchtbeauftragten der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), nimmt die Zahl der Spielsüchtigen weiter zu. Eine besondere Gefahr stellten gewerbliche Spielautomaten dar, die außerhalb von Spielbanken nicht als Glücksspiel gelten würden, sagte sie dem Abendblatt. Vor allem junge Migranten und Arbeitslose seien beim Automatenspiel mit Gewinnmöglichkeit gefährdet: Sie verlören häufig die Kontrolle über ihre Spielleidenschaft, wie die zunehmende Hilfesuche von Betroffenen in Beratungsstellen zeige. Die Suchtbeauftragte mahnt: „Wir müssen noch mehr für die Prävention unternehmen.“ Dazu gehört aus ihrer Sicht auch eine personengebundene Spielerkarte, die etwa den Zugang von Minderjährigen zu den Geräten unterbinden würde.