Gute Kliniken mit spezieller Betreuung locken werdende Mütter aus ländlichen Gebieten zur Geburt in die Großstädte

Hamburg. In einigen Metropolen Deutschlands ist vom demografischen Wandel nichts zu spüren – sie verzeichnen einen regelrechten Babyboom. Zum Beispiel Hamburg. Hier steigen die Geburtenzahlen seit 2011. Dieses Jahr kamen 661 Kinder mehr zur Welt als im Vorjahreszeitraum, wie der Senat vor Kurzem mitteilte.

In anderen deutschen Millionenstädten sieht es ähnlich aus: In München wurden bis Mai 2014 im Vergleich zu 2013 immerhin 59 Kinder mehr geboren. In Berlin liegen die Zahlen bis Oktober 2013 vor. Bis dahin zählte die Stadt 306 Geburten mehr als im Vorjahreszeitraum.

Lassen die steigenden Geburtenzahlen darauf hoffen, dass das demografische Problem in Deutschland möglicherweise überwunden ist? Nein – denn laut Statistischem Bundesamt schrumpft die Bevölkerung bundesweit seit 2003. Und das soll mindestens in den nächsten 50 Jahren so bleiben.

Dass nun mehr Kinder in den Krankenhäusern deutscher Großstädte geboren werden, liegt vor allem an der Struktur der medizinischen Versorgung. Krankenhäuser setzen zunehmend auf Spezialisierung. So beobachtet es Peer Köpf, stellvertretender Geschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft: „Einige Krankenhäuser schließen ihre Geburtshilfe und andere fangen die Geburten dann auf, spezialisieren sich und bauen dieses Feld aus. Da gibt es dann unterschiedliche Schwerpunkte, zum Beispiel stillfreundliche Krankenhäuser.“ Die großen Geburtsspezialisten siedeln sich meist in Großstädten an.

Die Kehrseite: Die Versorgung in ländlichen Regionen wird ausgedünnt

Das führt aber zu einem Problem: Was ist mit den Schwangeren, die in ländlicheren Gebieten leben? „Das ist die Kehrseite der Medaille“, sagt Köpf. Die Versorgung in einigen Landstrichen werde ausgedünnt, deshalb seien längere Fahrtwege einzukalkulieren. „Darauf müssen wir achten. Es darf zu keinem Ausfall in der Fläche kommen.“

Der Geburtenanstieg in Großstädten lässt sich auch mit guter Öffentlichkeitsarbeit erklären. Krankenhäuser veranstalten Informationsabende oder pflegen ihre Internetauftritte, um gezielter für ihr Angebot zu werben. Mehr Information schafft auch mehr Vertrauen in die Klinken – so scheint es. Genaue Zahlen dazu liegen nicht vor. Aber heute gebären mehr Frauen in Krankenhäusern, die ihre Kinder ohne ausführliche Aufklärung zu Hause bekommen hätten.

Das bestätigt Corinna Riemer, Sprecherin des geburtenreichsten Krankenhauses Deutschlands. Das Berliner St. Joseph Krankenhaus führt mit 3693 Geburten auch im Jahr 2013 die Liste von Geburtskliniken an, die der Babynahrung-Hersteller Milupa jährlich zusammenstellt.

Für die Geburtshilfeabteilung und das Zentrum für schwierige Schwangerschaften kümmert Riemer sich besonders um die Kommunikation nach außen: „Wir binden die werdenden Eltern so gut es geht in den Geburtsprozess mit ein. Ärzte und Hebammen stellen sich an Informationsabenden vor, und wir führen Gespräche mit den Patienten.“ Und das scheint gut anzukommen.

Spätgebärende finden in Großstädten oft eine besonders gute Betreuung

Mit ausführlicher Aufklärung über die Geburt reagieren die Krankenhäuser auch auf Spätgebärende – eine wachsende Zielgruppe. „Dass Frauen ihre Kinder zu Hause gebären ist rückläufig“, sagt Köpf. „Und die Frage um die bestmögliche Versorgung sowohl der Mutter als auch des Kindes steht immer mehr im Vordergrund.“ Wegen besserer Information über das Gebären in Kliniken und das hohe Alter ziehen mehr Frauen die ärztliche Betreuung der Heimgeburt vor. Und da die Zahl der Geburtsstationen sinkt, bringen mehr Frauen ihre Kinder in Geburtszentren in großen Städten auf die Welt. Den demografischen Wandel hält diese Entwicklung aber nicht auf.