Der AfD-Chef hält den künftigen EU-Kommissionspräsidenten für schuldig an der Euro-Krise

Berlin. AfD-Chef Bernd Lucke wirkt niedergeschlagen. „Ach wo“, sagt er, das sei nur die Müdigkeit. Er habe wieder nur wenige Stunden geschlafen, noch bis tief in die Nacht am Computer gesessen. Dafür ist er bekannt. Er macht vieles lieber selbst, als es anderen zu überlassen. Möglicherweise läuft aber derzeit auch nicht alles so, wie er es gern hätte. In der vergangenen Woche nämlich war Luckes Kandidatur für den stellvertretenden Vorsitz im Wirtschaftsausschuss des Europaparlaments gescheitert, weil nur 21 Ausschussmitglieder für ihn, aber 30 gegen ihn gestimmt hatten. Es war kein Geheimnis, dass er schon länger mit diesem Posten liebäugelte. Damit hätte er der AfD und sich selbst im EU-Parlament auf Anhieb einen herausgehobenen Posten verschafft.

Angeblich soll Lucke bei seiner Kandidatur an sich selbst gescheitert sein. „Herr Lucke hat eine Bewerbungsrede für ein nationales Parlament gehalten, sagt der CSU-Abgeordnete Markus Ferber. Er ist der erste Stellvertreter des Ausschussvorsitzenden. Ein anderer Parlamentarier klagt über Luckes „belehrenden Ton“, der nicht gut angekommen sei. Angeblich soll der AfD-Chef dem Ausschuss die Thesen seiner Habilitationsschrift erläutert haben. Lucke selbst sagt zur Abstimmungsniederlage nur so viel: „Ich halte meinen Anspruch aufrecht. Wir werden darauf dringen, dass die ungeschriebenen Gesetze des Parlaments eingehalten werden.“ Am Abend wird erneut abgestimmt. Doch nun heißt es in Brüssel, die ECR wolle Lucke im Wirtschaftsausschuss nicht noch einmal als stellvertretenden Vorsitzenden ins Rennen schicken, sondern den flämischen Nationalisten Johan Van Overtveldt, der bis 2012 Chefredakteur des belgischen Politmagazins „Knack“ war.

„Da wissen Sie mehr als ich“, sagt Lucke auf die Frage eines Journalisten in Berlin. „Ich werde erneut als stellvertretender Vorsitzender des wichtigen Wirtschafts- und Währungsausschusses kandidieren“, fügt er hinzu. Wen er nicht wählen will, weiß Lucke jedenfalls ganz genau: Der Luxemburger Jean-Claude Juncker werde bei der Wahl zum Kommissionspräsidenten keine der sieben AfD-Stimmen erhalten, kündigt der Parteichef an. Junckers bisheriges Vorgehen sowie seine angekündigte Politik seien deutschen und europäischen Interessen nicht förderlich. Schließlich trage Juncker als langjähriger Eurogruppenchef maßgebliche Verantwortung für eine Vergemeinschaftung von Schulden im Euro-Raum. Die von Juncker zu verantwortende Euro-Rettungspolitik habe in Teilen der EU zu hoher Arbeitslosigkeit und einer schweren Rezession geführt.

Auch in Deutschland sei die Lage längst nicht so rosig, wie sie die Bundesregierung gern zeichne, meint Afd-Vize Hans-Olaf Henkel. Die deutsche Finanzpolitik sei „heute keinen Deut besser“ als die der Südländer einschließlich Frankreich. „Damit er im Haushalt eine schwarze Null erreiche, habe Finanzminister Schäuble die ursprünglich angesetzten Zinssätze „einfach noch mal gesenkt“ und damit das Haushaltsrisiko erhöht. „Nicht Schäuble, sondern die kalte Enteignung deutscher Sparer macht eine schwarze Null im Haushalt möglich“, sagt Henkel. Zwingend notwendig sei auch eine grundlegende Umkehr in der Währungspolitik.