Luxemburg/Berlin. Die Sprachtests für Ehepartner von in Deutschland lebenden Türken sind nicht rechtens. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg am Donnerstag entschieden. Seit 2007 müssen Männer oder Frauen, die ihren Ehepartnern nach Deutschland folgen wollen, grundlegende Deutschkenntnisse nachweisen. Dies soll die Integration fördern und Zwangsverheiratungen erschweren. Im Fall der Türkei verstießen die Sprachanforderungen gegen Vereinbarungen mit dem EU-Vorläufer EWG vom Beginn der 1970er-Jahre. Damals hatten beide Seiten vereinbart, dass die Niederlassung nicht erschwert werden dürfe.

Anlass des Luxemburger Richterspruchs ist eine Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin. Die Richter dort hatten ihre Kollegen in Luxemburg um Hilfe bei der Auslegung von EU-Recht gebeten. Eine türkische Frau möchte ihrem seit 1998 in Deutschland lebenden Mann folgen. Die Botschaft in Ankara lehnte ihre Anträge auf ein Visum jedoch immer wieder ab, da sie nicht über die nötigen Sprachkenntnisse verfüge. Nach deutschen Angaben ist sie Analphabetin.

Die deutsche Regelung stelle eine unrechtmäßige Beschränkung der mit der Türkei vereinbarten Niederlassungsfreiheit dar, erklärten die EuGH-Richter. Denn der Sprachnachweis für Angehörige könne türkische Staatsangehörige davon abhalten, sich in Europa niederzulassen. Der deutsche Staat verlange zu viel, so die Richter. Denn mangelnde Sprachkenntnisse verhinderten automatisch eine Familienzusammenführung ohne Einzelfallprüfung.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Günter Krings (CDU) bekräftigte in Berlin die Haltung der Regierung, wonach „eine erfolgreiche Integration Sprachkenntnisse voraussetzt“. Trotz des Urteils will die Union am Sprachnachweis festhalten: „Er ist weiterhin der Schlüssel zum Integrationserfolg“, sagte Stephan Mayer, innenpolitischer Sprecher der Fraktion.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), begrüßte die Änderung. „Das ist eine gute Nachricht für binationale Ehen beziehungsweise für Familien mit ausländischen Wurzeln“, sagte sie. Für die Integration der Einwanderer werde der Wegfall des Zwangstests keine negative Auswirkung haben. Die Grünen zeigten sich begeistert von dem Urteil. „Heute ist ein guter Tag für die Integrationspolitik in Deutschland“, sagte Volker Beck, innenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion.