Generalsekretär Peter Tauber kündigt groß angelegte Parteireform an. Mitgliederbestand ist überaltert – und schrumpft

Berlin. Die CDU bemüht sich um junge Menschen, Frauen und Migranten – wagt sich an Fragen wie Mitgliederentscheide zur Kanzlerkandidatur aber noch nicht heran. Generalsekretär Peter Tauber kündigte nach einer Sitzung der Parteispitze am Montag in Berlin eine groß angelegte inhaltliche und organisatorische Parteireform an, „um auch bis 2017 und darüber hinaus als CDU erfolgreich zu sein“.

Die Christdemokraten haben derzeit etwa 467.000 Mitglieder, die Zahl schrumpft jedoch monatlich um 500 bis 1000. Ein Grund dafür ist auch der hohe Altersdurchschnitt in der Partei: Dieser liegt bei knapp 59 Jahren, in der allgemeinen Bevölkerung dagegen bei 46. Drei Viertel der CDU-Mitglieder sind derzeit männlich. Vor allem in Großstädten hat die konservative Partei Akzeptanzprobleme: Bei den Kommunalwahlen Ende Mai schnitt die CDU zwar insgesamt am besten ab, verlor aber mit Düsseldorf auch ihre letzte Bastion in den zehn größten Städten Deutschlands.

Junge Menschen, Frauen und Migranten fühlten sich derzeit „von uns nicht unbedingt adressiert“, sagte Tauber, 39, nach der Präsidiumssitzung, bei der er seine Pläne vorstellte. „Wir müssen uns fragen, gehen wir auf diese Menschen ausreichend zu als CDU?“ Dies gelte auch für die Parteimitglieder vor Ort. Eine von Tauber geleitete Kommission soll bis Oktober 2015 Konzepte für neue Mitmachmöglichkeiten entwickeln. Es gehe um die Frage: „Was muss die CDU tun, um auch künftig Mitgliederpartei zu sein und nicht nur noch eine Funktionärspartei?“

Über Netzwerke zu Themen wie Großstädte, Digitalisierung, Medien, Aussiedler und Integration will die Partei künftig auch inhaltlich stärker den Austausch mit der Basis suchen und Kontakte zu den Bürgern knüpfen. Die CDU will auch testen, wie diese Gremien online tagen können. Angedacht sind Tauber zufolge auch Möglichkeiten einer zeitlich befristeten Mitgliedschaft oder punktuellen Mitarbeit an bestimmten Themen.

Darüber hinaus sollen drei von den Partei-Vizevorsitzenden Thomas Strobl, Julia Klöckner und Armin Laschet geleitete Arbeitsgruppen Positionen zu den Themen Arbeit und Soziales, gesellschaftliches Zusammenleben und Familie sowie Verbraucherschutz weiterentwickeln, die in der Großen Koalition in den zuständigen Ministerien von der SPD besetzt werden. Auf dem Parteitag im Dezember seien dazu Foren mit Experten geplant, sagte Tauber.

Den Vorschlag, mit dem Tauber am Wochenende Schlagzeilen gemacht hatte, musste er am Montag wieder einsammeln. Er könne sich vorstellen, dass die CDU künftig ihren Spitzenkandidaten per Mitgliederentscheid bestimmte, hatte er dem „Spiegel“ gesagt. Bisher gibt es so etwas in der CDU nur, wenn sich die lokalen Eliten nicht einigen können, wie zuletzt in Nordrhein-Westfalen und aktuell in Baden-Württemberg. In NRW hatte sich dabei Norbert Röttgen als Vorsitzender durchgesetzt, der anschließend gegen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) unterlag. In Baden-Württemberg blieb der Landesverband nach einem teilweise verletzend geführten innerparteilichen Wahlkampf lange gespalten. Es war der einzige Punkt, bei dem Tauber auch öffentlich auf Kritik stieß. So sagte der Thüringer Fraktionsvorsitzende Mike Mohring: „Die CDU hat sich von ihrem letzten Mitgliederentscheid noch nicht vollständig erholt und plant jetzt den nächsten.“ Auch der Chef-Haushälter der Unionsfraktion, Norbert Barthle, hatte zurückhaltend auf Taubers Vorschlag reagiert: „Urwahlen haben mit Sicherheit einen starken Mobilisierungseffekt. Bei Spitzenkandidaturen besteht allerdings immer die Gefahr einer Spaltung der Partei mit lange anhaltender Lagerbildung“, sagt er. Tauber relativierte seinen Vorschlag, der in den Gremien nicht debattiert worden war, anschließend öffentlich: „Ich habe Zweifel, ob dies der zentrale Punkt der Mitglieder ist.“

Neu für die CDU ist der Vorschlag Taubers, eine „Parteiakademie“ einzurichten, um potenzielle Kandidaten auf öffentliche Ämter vorzubereiten. Hier kopiert der CDU-General ein Rezept der SPD. Die hatte noch unter dem Vorsitz von Franz Müntefering eine Akademie eingerichtet, um Genossen vor allem auf kommunale Ämter vorzubereiten. Tauber präsentierte der Öffentlichkeit kein Konzept, da er die CDU erst am Anfang des Reformprozesses sieht.