Kabinett billigt Gesetzentwurf von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig

Berlin. Eltern sollen nach der Geburt eines Kindes Betreuung und Rückkehr in den Beruf künftig flexibler gestalten können: Das Kabinett beschloss am Mittwoch in Berlin das „ElterngeldPlus“, mit dem Teilzeit arbeitende Eltern die Familienleistung bis zu 28 Monate beziehen können. Durch die Reform würden „neue Wege in der partnerschaftlichen Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ eingeschlagen, erklärte Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD).

Die Bundesregierung reagiere mit dem „ElterngeldPlus“ auf den Trend, dass viele Mütter wieder früher in den Beruf einsteigen und viele Väter sich gern mehr um ihre Kinder kümmern würden, erklärte Schwesig. „Wir ermöglichen Müttern und Vätern mehr Zeit für Familie und eine größere Flexibilität.“ Für Schwesig handelt es sich bei dem Vorhaben um den ersten Schritt auf dem Weg zu einer Familienarbeitszeit. Mit ihrem Vorstoß einer 32-Stunden-Woche für junge Eltern war die SPD-Politikerin zu Jahresbeginn allerdings bei Bundeskanzlerin Angela Merkel abgeblitzt. Schwesig hat mehrfach erklärt, die Reduzierung der Wochenarbeitszeit für Eltern bleibe für sie ein langfristiges Ziel. Die Reform, die Zusatzkosten von 100 Millionen Euro jährlich verursacht, soll zum 1. Juli 2015 in Kraft treten. Im Bundeshaushalt stehen für das Elterngeld pro Jahr rund fünf Milliarden Euro zur Verfügung.

Für die Union ist das ElterngeldPlus eine „Antwort auf die Wünsche junger Familien“. „Junge Eltern haben die Möglichkeit, noch flexibler Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren“, erklärten die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön, und der familienpolitische Sprecher Marcus Weinberg. Damit könne mehr Zeit mit der Familie gewonnen und die partnerschaftliche Aufteilung der Familien- und Erwerbsarbeit flexibler werden.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sieht in den Plänen eine Stärkung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit für Frauen. „Mütter und Väter können nun bei gleichzeitiger Teilzeitarbeit entstehende Einkommenslücken mit dem gestreckten Elterngeld verringern“, sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende, Elke Hannack. Beide Elternteile hätten die Chance, gemeinsam aktiv am Heranwachsen ihrer Kinder beteiligt zu sein, ohne ihre Erwerbstätigkeit aufgeben zu müssen.

Für die Grünen bleibt dennoch eine Gerechtigkeitslücke. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Katja Dörner und die Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik, Franziska Brantner, kritisierten vor allem, dass durch die Anrechnung des Elterngeldes arme Familien weiter benachteiligt werden. Zudem forderten sie eine familienfreundliche Arbeitskultur in Deutschland. „Die Normalarbeitszeit darf sich nicht länger am männlichen Facharbeiter orientieren.“ Das Kolpingwerk Deutschland begrüßte im Kern die Neuregelung. Der katholische Sozialverband forderte jedoch eine verbesserte Anerkennung der Betreuungs- und Erziehungsleistung der Eltern. „Ein erster Schritt wäre eine einheitliche Anschlussleistung an das Elterngeld für das zweite und dritte Lebensjahr in Höhe des jetzigen Sockelbetrags von 300 Euro“, sagte der Kolping-Bundesvorsitzende, Thomas Dörflinger.

Die wichtigsten Fragen und Antworten zu der geplanten gesetzlichen Neuregelung:

Was ist das Wesentliche bei „ElterngeldPlus“?

Im Mittelpunkt stehen vor allem die Verbesserungen für die Teilzeitbeschäftigten: Bisher wurde das Elterngeld als Lohnersatzleistung nach der Geburt maximal 14 Monate lang gezahlt. Bei Teilzeitarbeit können künftig bis zu 28 Monate Elterngeld bezogen werden. Alleinerziehende können das neue „ElterngeldPlus“ im gleichen Maße nutzen.

Was ist der Partnerschaftsbonus?

Teilen sich Vater und Mutter gemeinsam die Betreuung und arbeiten parallel für mindestens vier Monate zwischen 25 und 30 Wochenstunden, erhalten sie jeweils zusätzlich für vier Monate „ElterngeldPlus“.

Was ist der Hintergrund?

Laut Umfragen wünschen sich gut 60 Prozent der Mütter und Väter, dass beide Partner in gleichem Umfang arbeiten und sich partnerschaftlich um Haushalt und Familie kümmern – aber nur 14 Prozent schaffen das auch tatsächlich. Das „ElterngeldPlus“ sieht Bundesfamilienministerin Schwesig als einen ersten Schritt auf dem Weg zu einer Familienarbeitszeit. Zugleich will sie mit Wirtschaft und Gewerkschaften neue Modelle von familiengerechteren Arbeitszeiten entwickeln.

Was ändert sich bei der Elternzeit?

Wie bisher können Eltern bis zum dritten Geburtstag eines Kindes unbezahlt Auszeit vom Job nehmen. Neu ist: Zwischen dem dritten und dem achten Geburtstag des Kindes können Eltern künftig 24 statt wie bisher nur zwölf Monate lang die Arbeit unterbrechen. Eine Zustimmung des Arbeitgebers ist laut Gesetzentwurf dafür nicht erforderlich.

Wie hoch ist das Elterngeld?

Das Elterngeld wird wie bisher nach dem bisherigen Nettoeinkommen vor der Geburt berechnet und beträgt in der Regel 65 Prozent vom bisherigen Verdienst. Es beträgt mindestens 300 Euro und höchstens 1800 Euro im Monat. Bei Aufnahme einer Teilzeitarbeit wird das Elterngeld entsprechend halbiert – aber eben länger gezahlt.

Ab wann gelten die neuen Regelungen?

Nach dem Kabinettsbeschluss geht der Gesetzentwurf jetzt in die parlamentarischen Beratungen von Bundestag und Bundesrat. Das Gesetz soll zum 1. Juli 2015 in Kraft treten.

Was regelt das Gesetz noch?

Bei Mehrlingsgeburten gibt es im Gesetzentwurf eine rechtliche Klarstellung. Eltern von Mehrlingen haben einen Elterngeldanspruch und erhalten außerdem einen Mehrlingszuschlag von 300 Euro für jedes weitere Kind. Diese Regelung soll bereits Anfang 2015 in Kraft treten.