Polizei registrierte im vergangenen Jahr 4144 Straftaten in Deutschland. Das Bundeskriminalamt beklagt einen Mangel an Ermittlern

Berlin/Wiesbaden. Der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, musste in diesem Jahr bereits viermal im Innenausschuss des Bundestages erscheinen. Stets ging es um Kinderpornografie, einer Kriminalitätsform, bei der sich fast alles im Internet abspielt. Sie bewegt seit dem Fall des SPD-Politikers Sebastian Edathy, der mutmaßlich verbotene Bilder in Kanada bestellt hatte, die Öffentlichkeit stark. Kinderpornografie ist eines der großen Themen des Jahres.

Die Ausschussmitglieder wollten von Ziercke beispielsweise wissen, warum es so lange dauerte, bis seine Behörde in Sachen Edathy auf Touren kam. Beweismittel, in denen auch dessen Name erwähnt war, lagen monatelang herum, bevor Spezialisten sie auswerteten. Deutschlands oberster Polizist entschuldigte das mit Überlastung. Seine Beamten hätten zunächst andere Kinderpornokomplexe abarbeiten müssen. Zahlreiche Personen, die in den Datenbergen der zumeist großen Verfahren aufgetaucht waren, entpuppten sich später als Straftäter. Ihre Fälle dürften teilweise in die neue bundesweite Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) für 2013 eingeflossen sein. Die Zahlen legen nahe: Kinderpornoverbrechen sind in Deutschland kein Randphänomen mehr.

„Besitz und Verschaffung von Kinderpornografie“ hat im Vergleich zu 2012 drastisch zugenommen. Anstieg: 27,9 Prozent. 4144 Straftaten registrierte die Polizei. Einziger Lichtblick: Die Aufklärungsquote ist hoch, 91,4 Prozent. Allerdings bezieht sich die Zahl nur auf Taten, die von der Polizei auch festgestellt worden sind.

Bei dem Delikt zum Schaden von Kindern unter 14 Jahren ist das Dunkelfeld aber groß. „Die Täter sind schwer zu ermitteln, sie verschleiern ihre Identität im Netz und gehen höchst konspirativ vor“, beklagte jüngst NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD). Er stellt an diesem Mittwoch mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) das PKS-Dossier vor.

Nach dem Fall Edathy reagierte die Regierung zunächst hektisch. Justizminister Heiko Maas (SPD) will das Strafgesetzbuch verschärfen. Künftig soll bereits der Besitz von Bildern strafbar sein, die Kinder nackt zeigen, etwa beim Baden oder Spielen. Der Bundesrat hat die Initiative von Maas bekräftigt. Zuvor hatte sich die Regierung lange gestritten, ob kinderpornografische Inhalte im Internet „gesperrt“ oder „gelöscht“ werden sollen. Man entschied sich für das Löschen. Eine ganzheitliche Strategie der Regierung aber ist nicht zu erkennen.

In jeder Minute suchen Tausende Menschen in Deutschland im Netz nach Kinderpornografie. Sie tauschen Fotos und Videos oder bestellen sie bei kommerziellen Anbietern. Für die Ermittler sind die IP-Adressen der Computer oft der einzige Anhaltspunkt, um Täter identifizieren zu können.

Das BKA aber ist personell nicht gerade optimal aufgestellt. Das Referat „Auswertung von Sexualdelikten zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen“ hat gerade einmal 27 Beamte. 2011 waren es noch zwei Mitarbeiter mehr gewesen.